(Stuttgart) Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 kann die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) keine wirksamen Tarifverträge schließen.

Damit, so betont die Berliner Fachanwältin für Arbeitsrecht Dr. Alexandra Henkel, MM. Mitglied im VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 14.12.2010 – 1 ABR 19/10, drohen Nachzahlungen für Verleih- und Entleihunternehmen. 

Grundsätzlich besteht bei Leiharbeit der sog. Equal-Pay-Grundsatz, d.h. der Leiharbeitnehmer hat gem. §§ 9 Nr.2, 10 AÜG gegen den Verleiher, bei dem er angestellt ist, einen Anspruch auf Zahlung des Lohns vergleichbarer Arbeitnehmer des Entleihers, wenn seine Vergütung für die Überlassungszeit unter dieser Lohnhöhe liegt und wenn es keinen gültigen Leiharbeitstarifvertrag gibt, der eine niedrigere Vergütung vorsieht. Solche günstigen Leiharbeitstarifverträge können auch von nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer im arbeitsvertragliche in Bezug genommen werden. Die CGZP schloss für insgesamt ca. 1/3 aller Beschäftigten in der Zeitarbeitsbranche genau solche für die Arbeitgeber günstigen Tarifverträge mit Löhnen teilweise unter 5,00 € pro Stunde und bis zu 50 % unter dem Lohnniveau der Einsatzbetriebe für die Leiharbeitnehmer.  Die CGZP war den etablierten Gewerkschaften wie verd.i deshalb schon seit Jahren „ein Dorn im Auge“, so Dr. Henkel.

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2010 steht nun fest, dass die CGZP nicht wirksam Tarifverträge schließen kann. Das BAG entschied, dass die CGZP weder selbst eine Gewerkschaft ist, die Tarifverträge schließen kann, noch eine tariffähige Spitzenorganisation von Gewerkschaften nach § 2 Abs. 3 Tarifvertragsgesetz (TVG). Eine tariffähige Spitzenorganisation iSv § 2 Abs.3 TVG liege vor, wenn die sich zusammenschließenden Gewerkschaften ihrerseits tariffähig sind und der Spitzenorganisation ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln, und wenn die Spitzenorganisation satzungsmäßig als Aufgabe hat, selbst für den Organisationsbereich der Mitgliedsgewerkschaften Tarifverträge abzuschließen. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt: die Mitgliedsgewerkschaften (CGM, MDHV, GÖD) haben sich nicht im Umfang ihrer Tariffähigkeit zusammengeschlossen und der in der Satzung der CGZP festgelegte Organisationsbereich für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung geht über den ihrer Mitgliedsgewerkschaften hinaus.

Die ausführlichen Entscheidungsgründe bleiben abzuwarten, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob damit alle durch die CGZP geschlossenen Tarifverträge rückwirkend unwirksam sind, wofür einiges spricht, was aber in der juristischen Literatur umstritten ist. Die CGZP soll den  Gang nach Karlsruhe mit einer Verfassungsbeschwerde erwägen.

Es drohen jedoch in jedem Fall Nachzahlungsansprüche der Leiharbeitnehmer gegenüber dem Verleiher gem. §§ 9 Nr.2, 10 AÜG, betont Dr. Henkel, weil sich dieser dann wegen Unwirksamkeit des Leiharbeitstarifvertrages nicht auf den niedrigen Tariflohn berufen kann. Hier kommt es dann darauf an, dass gesondert kürzere Ausschlussfristen als die normale Verjährung in den Arbeitsverträgen mit den Leiharbeitnehmern vereinbart sind. 

Nach einer Entscheidung des LAG München kann sich der Verleiher im Rahmen des Equal-Pay-Anspruches auch auf Ausschlussfristen des Entleihers berufen (aA Arbeitsgericht Bielefeld). Handelt es sich um einen sittenwidrig niedrigen Lohn, kann sich der Arbeitgeber nach einer Entscheidung des LAG Hamm nicht auf die Ausschlussfrist berufen. Außerdem bestehen dann auch Nachforderungsansprüche bzgl. der Sozialversicherungsbeiträge für die letzten Jahre (Verjährung in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig werden, gemäß § 25 Abs. 1 SGB IV). Da auch der Entleiher für die Beitragsforderungen der Sozialversicherungsträger als selbstschuldnerische Bürge verschuldensunabhängig haftet gemäß § 28 e Abs. 2 Satz 1 SGB IV, drohen auch diesem Nachzahlungen, wenn der Verleiher nach Mahnung durch die Einzugsstelle und Fristablauf nicht zahlt.

Dr. Henkel empfahl, dies und einen etwaigen weiteren Fortgang zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei sie u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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