(Stuttgart) Vor dem Landesarbeitsgericht Hamm wird am 15.07.2011 ein Kündigungsrechtsstreit verhandelt, dem zugrunde liegt, dass ein Mitarbeiter eines Unternehmens einen Roman geschrieben hat, der nach Meinung des Arbeitgebers deutliche Parallelen zum Unternehmen und dort tätigen Personen aufweist sowie, dass der Roman beleidigende, ausländerfeindliche und sexistische Äußerungen über Kollegen und Vorgesetzte enthalte.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Hamm vom 11.07.2011 – Nr. 19/2011.

Der 51 Jahre alte Kläger ist seit 1998 bei der beklagten Arbeitgeberin als Sachbearbeiter in der Abteilung Vertrieb/Verkauf tätig. Er ist Mitglied des Betriebsrats. Die Arbeitgeberin stellt Küchenmöbel her und beschäftigt über 300 Arbeitnehmer.

Der Kläger hat einen so genannten Büro-Roman verfasst, der den Titel trägt „Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht“. Der Roman ist aus der Perspektive des Ich-Erzählers „Jockel Beck“ geschrieben. Im Buch wird dem (dort so genannten) Arbeitnehmer „Hannes“ unterstellt, dieser konsumiere Rauschmittel („hat alles geraucht, was ihm vor die Tüte kam“). Über die Arbeitnehmerin „Fatma“ heißt es im Buch, sie „erfülle so manches Klischee, was man allgemein von Türken pflegt: ihre krasse Nutzung der deutschen Sprache und auch ihr aufschäumendes Temperament. Leider steht ihr Intellekt genau diametral zu ihrer Körbchengröße“. Der Junior-Chef „Horst“ wird im Buch folgendermaßen beschrieben: „Er ist ein Feigling! Er hat nicht die Eier, jemandem persönlich gegenüberzutreten, dafür schickt er seine Lakaien“.

Der Kläger bot das Buch Ende Oktober 2010 während der Arbeitszeit Kollegen zum Kauf an. Die Arbeitgeberin sprach am 10. November 2010 eine fristlose Kündigung aus. Der Betriebsrat hatte zuvor dieser Kündigung zugestimmt.

Die Arbeitgeberin stützt die Kündigung darauf, dass der Roman des Klägers beleidigende, ausländerfeindliche und sexistische Äußerungen über Kollegen und Vorgesetzte des Klägers enthalte. Das Buch weise deutliche Parallelen zum Unternehmen und dort tätigen Personen auf. U. a. die Romanfiguren „Hannes“, „Fatma“ und „Horst“ seien als tatsächlich existierende Personen zu identifizieren. Durch den Roman sei der Betriebsfrieden erheblich gestört worden. Verschiedene Arbeitnehmer hätten sich persönlich angegriffen gefühlt, eine Mitarbeiterin habe sich in ärztliche Behandlung begeben müssen.

Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Bei dem Buch handele es sich um einen fiktiven Roman; er habe keine Umstände aufgegriffen, die eine Identifikation zuließen. Der Kläger beruft sich auf die Freiheit der Kunst.

Das Arbeitsgericht Herford hat mit dem Urteil vom 18. Februar 2010 der Kündigungsschutzklage stattgegeben, so Henn.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger könne sich auf die Kunstfreiheit berufen. Das Buch sei als Roman und nicht als Tagebuch anzusehen. Ansätze für eine Übersetzung des Romans in die Wirklichkeit seien nicht ersichtlich.

Die Beklagte hat gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt, über die das LAG Hamm zu entscheiden hat.

Henn empfahl, den Ausgang zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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