(Stuttgart) Nicht selten vereinbaren Auftraggeber und Auftragnehmer eine freie Mitarbeit, ohne zuvor oder gleichzeitig bei der Deutschen Rentenversicherung ein Statusfeststellungsverfahren durchzuführen. Stellt sich später heraus, dass der vermeintliche freie Mitarbeiter als abhängig Beschäftigter zu beurteilen ist, muss der Auftraggeber mit erheblichen finanziellen Folgen rechnen.

Der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen” des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., stellt im nachfolgenden Beitrag die wichtigsten Punkte dar.

• Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen

Der Arbeitgeber ist gem. § 28e Absatz 4 SGB IV Schuldner des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Er hat daher rückwirkend vom Zeitpunkt des Beginns des Beschäftigungsverhältnisses alle Sozialversicherungsbeiträge – d.h. Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil – nachzuzahlen. Eine zeitliche Begrenzung besteht lediglich in der Verjährungsfrist. Diese beträgt grundsätzlich vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge fällig geworden sind.

• Steuerrechtliche Folgen

Die fehlerhafte Behandlung eines Arbeitnehmers als freien Mitarbeiter hat zwangsläufig zur Folge, dass der Arbeitgeber die Lohnsteuer nicht abführt.

Gem. § 38 Absatz 2 EStG ist der Arbeitnehmer Schuldner der Lohnsteuer. Nach § 42d Absatz 1 Nr. 1 EStG haftet aber der Arbeitgeber neben dem Arbeitnehmer dafür, dass die Lohnsteuer richtig einbehalten und abgeführt wird. Es besteht – soweit die Arbeitgeberhaftung reicht – eine gesamtschuldnerische Haftung. Danach kann das Finanzamt regelmäßig auch vom Arbeitgeber die Zahlung der Lohnsteuer fordern. Allerdings dürfte er nur in die Haftung genommen werden, wenn der vermeintliche Selbständige auf die Honorare keine Einkommenssteuer abgeführt hat.

Der Arbeitgeber darf keine Vorsteuer aus den Rechnungen des Arbeitnehmers geltend machen. Vorsteuer darf nur gezogen werden, wenn die Umsatzsteuer gesetzlich geschuldet wird. Das ist bei der Rechnung des Arbeitnehmers aber gem. § 14c UStG nicht der Fall. Von daher muss der Arbeitgeber nach Feststellung des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung gegenüber dem Finanzamt die zu Unrecht gezogene Vorsteuer berichtigen.

• Rückforderungsansprüche gegen den Arbeitnehmer

Wird der Arbeitgeber in Anspruch genommen, stehen ihm grundsätzlich Rückforderungsansprüche gegen den Arbeitnehmer zu, vorausgesetzt dass die Parteien eine Bruttovergütung vereinbaren wollten. Für das Vorliegen einer Nettolohnvereinbarung trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast.

• Vergütung

Hat der vermeintlich freie Mitarbeiter ein höheres Honorar erhalten, als er als Arbeitnehmer erhalten hätte, steht dem Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer ein Anspruch auf Rückzahlung der Differenz zwischen gezahltem Honorar und üblicher Vergütung zu (BAG, NZA 2007, 321). Haben die Parteien aber bewusst ein freies Mitarbeiterverhältnis begründet, um Sozialversicherungsabgaben zu ersparen, wird der Rückforderungsanspruch des Arbeitgebers scheitern.

• Sozialversicherungsabgaben

Es besteht ein Erstattungsanspruch durch Abzug vom Arbeitsentgelt bei den drei nächsten Lohn-/Gehaltszahlungen.

• Steuern

Der Arbeitgeber ist für das Finanzamt Haftungsschuldner (s.o.) für die Lohnsteuer. Wird der Arbeitgeber in die Haftung genommen, kann er die Lohnsteuer von dem Arbeitnehmer zurückfordern.

Ob die Umsatzsteuer zurückgefordert werden kann, ist streitig. Arbeitsgerichtliche Entscheidungen existieren zu dieser Frage, soweit ersichtlich, nicht. Allerdings ist der Anspruch in jedem Fall ausgeschlossen, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Scheinselbständigkeit bewusst gewählt haben, um Steuern zu vermeiden.

Franzen empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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