(Stuttgart)  Abmahnungen kommen im Arbeitsleben täglich vor. Auch wenn es grundsätzlich möglich ist, dass auch Arbeitnehmer oder der Betriebsrat den Arbeitgeber wegen eines bestimmten Verhaltens „abmahnen”, wird unter einer Abmahnung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses in erster Linie die Abmahnung eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber wegen eines sogen. „vertragswidrigen” Verhaltens verstanden.

Hierbei, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, stellt die Abmahnung in der Regel einen warnenden Hinweis des Arbeitgebers in Schriftform mit der Androhung von Rechtsfolgen für die Zukunft dar, wenn der/die Arbeitnehmer-/in das missbilligte Verhalten nicht ändert oder unterlässt.

Der Abmahnung kommen dabei im Rechtssinne drei Funktionen zu: 

  • Hinweisfunktion

Hierdurch wird der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber darauf hingewiesen, dass ein bestimmtes Verhalten durch ihn von ihm als Vertragsverletzung angesehen wird. 

  • Dokumentationsfunktion

Das beanstandete, vertragswidrige Verhalten des Arbeitnehmers wird aufgezeichnet und dokumentiert. 

  • Warn- und Androhungsfunktion

Mit der ausgesprochenen Abmahnung wird der Arbeitnehmer davor gewarnt, dass er bei weiterem Fehlverhalten oder im Wiederholungsfalle mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hat, die bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses reichen können.

Eine Abmahnung, so ergänzt sein Kieler Vorstandskollege, der Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Vizepräsident Jens Klarmann,  kann sowohl mündlich wie auch schriftlich erfolgen. Handelt es sich jedoch um eine tatsächliche, im Rechtssinne „ernstgemeinte” Abmahnung, wird diese wohl vom  Arbeitgeber immer schon unter dem Gesichtspunkt der „Dokumentationspflicht” schriftlich auszusprechen sein, da er nur so rechtssicher festhalten kann, ob, wann, wie und wofür abgemahnt worden ist.

Insoweit sei die Abmahnung auch von einer „Ermahnung” zu unterscheiden. Durch diese wird der Arbeitnehmer nur dazu angehalten, in Zukunft seinen vertraglichen Pflichten (besser) nachzukommen – sie enthält jedoch keine Androhung der Rechtsfolgen und ist damit kündigungsrechtlich ohne Bedeutung.

Die tatsächliche Abmahnung hingegen enthält Hinweise des Arbeitgebers auf die Rechtsfolgen, z. B. Ausspruch der Kündigung, falls der Arbeitnehmer das beanstandete Verhalten nicht ändert. Im Gegensatz zur „Ermahnung‘ kann sie auch gerichtlich angefochten und überprüft werden.

Besteht in dem Unternehmen ein Betriebsrat, ist der Arbeitgeber nicht gesetzlich verpflichtet, diesen über eine ausgesprochene Abmahnung in Kenntnis zu setzen, da er hieran kein Mitbestimmungsrecht hat. In der Praxis empfiehlt sich die Information an den Betriebsrat jedoch, damit dieser ggfs. von sich aus auf den Arbeitnehmer einwirken oder auch als „Vermittler” auftreten kann.

Abgemahnt werden kann immer nur ein „steuerbares Verhalten” des Arbeitnehmers, d. h. dieser muss in der Lage sein, das beanstandete Verhalten auch ändern zu können. Eine Abmahnung wegen Krankheit etwa kommt daher nicht in Betracht, wobei es hier allerdings „Grenzfälle” geben kann, z. B. bei „alkoholbedingten Fehlleistungen” oder „Fehlleistungen aufgrund krankhaften Alkoholismus”.

Durch die Abmahnung soll dem Arbeitnehmer Gelegenheit gegeben werden, sein vertragswidriges Verhalten zu unterlassen und in Zukunft eine „normale” Arbeitsleistung zu erbringen. Hieraus folgt, dass mit der Abmahnung auch in erster Linie Pflichtverstöße abgemahnt werden, die „abstellbar” sind, wie z. B. zu spät kommen, „lasche” Arbeitseinstellung, „deutlich langsamer als der Durchschnitt” usw.

Handelt es  sich jedoch um Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers im „Vertrauensbereich”, z. B. bei Diebstahl, Untreue, Unterschlagung, Abänderung oder Fälschung  von Stempelkarten oder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen usw., ist eine Abmahnung nur ausnahmsweise erforderlich und zwar dann, wenn der Arbeitnehmer aus „vertretbaren Gründen” davon ausgehen durfte, dass der Arbeitgeber sein Fehlverhalten dulde oder wenn die Wiederherstellung des Vertrauens (ausnahmsweise) erwartet werden kann.

Der Arbeitgeber sollte vor Ausspruch einer Abmahnung  auch den Grundsatz der „Verhältnismäßigkeit” zu beachten. Wegen „Lapalien” oder „Lächerlichkeiten” sollten daher keine Abmahnungen ausgesprochen werden. Auch wer als Arbeitgeber einem bestimmten Arbeitnehmer gegenüber Abmahnungen im Ãœberfluss ausspricht, muss damit rechnen, dass die Androhungen nicht (mehr) ernst gemeint sind. Damit verliert die Abmahnung ihre Wirksamkeit als „Warnfunktion”.

Zu beachten ist für Arbeitgeber auch, dass die ausgesprochene Abmahnung einen Verzicht beinhaltet, wegen des beanstandeten Verhaltens bereits eine Kündigung auszusprechen. Darüber hinaus ist eine Anhörung des Arbeitnehmers vor Erteilung der Abmahnung grundsätzlich erforderlich. Allerdings kann das Anhörungsrecht nachgeholt werden und die wegen Nichtanhörung „formell” unwirksame Abmahnung entfaltet gleichwohl die notwendige Warnfunktion vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung.

Abmahnungen verlieren ihre Wirkung, wenn der Arbeitnehmer hiernach seinen arbeitsvertraglichen Pflichten einwandfrei nachkommt und sich nichts Neues zu Schulden kommen lässt. Allerdings gibt es keinen festgelegten Zeitraum hierfür, z. B. 2, 4 oder 5 Jahre, sondern ist aufgrund aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu beurteilen, wobei es in erster Linie auf die Schwere des beanstandeten Verstoßes ankommt. Bei schwereren Verstößen kann eine Abmahnung daher z. B. auch noch nach zwei Jahren ihre Wirkung entfalten und bei Wiederholung zur Begründung für die Kündigung herangezogen werden. Kommen jedoch keine Wiederholungen vor, so kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Mehrzahl der Abmahnungen nach zwei bis drei Jahren ihre Wirksamkeit verlieren und als Folge auch aus der Personalakte entfernt werden müssen sowie nicht mehr als Begründung für eine entsprechende Kündigung herangezogen werden können.

Ist eine Abmahnung ungerechtfertigt, hat der Arbeitnehmer das Recht, ggfs. im Wege der Klage vor dem Arbeitsgericht die Entfernung der Abmahnung aus seinen Personalakten zu verlangen.

Da bei Abmahnungen auf beiden Seiten zahlreiche gesetzliche Vorschriften zu beachten sind, so betonen beide Arbeitsrechtsexperten, sollte in Zweifelsfällen auch fachkundiger anwaltlicher Rat eingeholt werden. Ausgewiesene Spezialisten für Arbeitsrecht seien in der Regel an dem Zusatz „Fachanwalt/Fachanwältin für Arbeitsrecht” zu erkennen, wie sie in überwiegender Zahl u. a. auch im  VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – organisiert seien.   

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Michael Henn  
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Fachanwalt für Erbrecht     
Fachanwalt für Arbeitsrecht    
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Jens Klarmann 
Rechtsanwalt         
Fachanwalt für Arbeitsrecht    
VdAA – Vizepräsident  
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