(Stuttgart) Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass eine vulgäre Kritik an der Schichtführung eine Kündigung nicht rechtfertigt, wenn die Äußerungen nicht als schwerwiegende, persönlich herabwürdigende Beleidigungen gemeint und zu verstehen waren.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf die Mitteilung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.11.2025 zu seinem Urteil, Az. 3 SLa 699/24.

Der Kläger arbeitete seit dem Jahr 2020 bei der Beklagten, die als Teil einer Handelsgruppe ein Verteilzentrum betreibt, zuletzt als „Sortation Associate“ in Dauernachtschicht. Mit Schreiben vom 09.04.2024 erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung mit dem Vorwurf, seinen Arbeitsplatz verlassen zu haben, sowie eine Abmahnung mit dem Vorwurf, Vorgesetzte beleidigt zu haben.

Am 24.08.2024 kam es zu Differenzen mit der neuen Vorgesetzten des Klägers. Die Beklagte behauptet, die Anweisung der Vorgesetzten andere Mitarbeiter zu unterstützen, habe der Kläger ignoriert. Er habe zu dieser gesagt, dass sie ihm nichts sagen könne. Sie sei noch ein Kind. Als diese ihn gebeten habe, die Halle zu verlassen, um sich zu beruhigen, habe der Kläger aufbrausend reagiert und auf Türkisch gesagt: „Du hast die Mutter der Schicht gefickt“. Dem widerspricht der Kläger. Er habe in türkischer Sprache gesagt „Du hast die Schichtmutter weinen lassen“. Dies bedeute im Deutschen sinngemäß, es werde in der Schicht viel Druck ausgeübt. Der türkische Ausdruck könne leicht missverstanden und mit der unanständigen Version der Beklagten verwechselt werden. Wegen der Entfernung und Lautstärke sei er falsch verstanden worden. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 18.09.2024 ordentlich zum 31.10.2024.

Nachdem seine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht abgewiesen wurde, hatte der Kläger mit seiner Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Erfolg. Die Kammer hat über das Geschehen vom 24.08.2024 Beweis erhoben durch Vernehmung der Vorgesetzten, eines bei dem Gespräch anwesenden Kollegen und des Shift Managers, der mit den Beteiligten nach dem Vorfall gesprochen hatte. Danach hielt die Kammer es zwar für erwiesen, dass der Kläger die Äußerungen im Wesentlichen so, wie von der Beklagten geschildert, getätigt hat. Aus den Aussagen der Zeugen ergab sich aber, dass die Äußerungen nicht als schwerwiegende, persönlich herabwürdigende Beleidigungen gemeint und zu verstehen waren. Es handelte sich danach um eine in vulgärer Sprache geäußerte Kritik, die sich auf die Art und Weise der Schichtführung als solche bezog. Angesichts der besonderen Umstände einer Konfliktsituation einerseits sowie unter Abwägung der wechselseitigen Interessen andererseits hielt die Kammer den Ausspruch einer Kündigung für unverhältnismäßig.

Die Kammer hat die Revision nicht zugelassen.

Henn empfahl, die Entscheidung zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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