Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 04.02.2022, AZ 5 AZR 217/21

Aus­gabe: 01–2022

Prak­tikan­ten, die ein Pflicht­prak­tikum absolvieren, das nach ein­er hochschul­rechtlichen Bes­tim­mung Zulas­sungsvo­raus­set­zung für die Auf­nahme eines Studi­ums ist, haben keinen Anspruch auf den geset­zlichen Mindestlohn.

Die Klägerin beab­sichtigte, sich an ein­er pri­vat­en, staatlich anerkan­nten Uni­ver­sität um einen Stu­di­en­platz im Fach Human­medi­zin zu bewer­ben. Nach der Stu­dienord­nung ist ua. die Ableis­tung eines sechsmonati­gen Krankenpflege­di­en­stes Zugangsvo­raus­set­zung für den Stu­di­en­gang. Vor diesem Hin­ter­grund absolvierte die Klägerin bei der Beklagten, die ein Kranken­haus betreibt, in der Zeit vom 20. Mai bis zum 29. Novem­ber 2019 ein Prak­tikum auf ein­er Krankenpfleges­ta­tion. Die Zahlung ein­er Vergü­tung wurde nicht vere­in­bart. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter Beru­fung auf das Min­dest­lohnge­setz (MiLoG) Vergü­tung in Höhe von ins­ge­samt 10.269,85 Euro brut­to ver­langt. Sie hat gel­tend gemacht, sie habe im Rah­men ein­er Fün­f­tage­woche täglich 7,45 Stun­den Arbeit geleis­tet. Ein Vor­prak­tikum vor Auf­nahme eines Studi­ums sei kein Pflicht­prak­tikum im Sinne des MiLoG, daher greife die geset­zliche Aus­nahme von der Vergü­tungspflicht nicht ein.

Das Lan­desar­beits­gericht hat die Klage abgewiesen. Die hierge­gen gerichtete Revi­sion der Klägerin hat­te keinen Erfolg. Das Beru­fungs­gericht hat im Ergeb­nis zutr­e­f­fend angenom­men, dass die Beklagte nicht zur Zahlung des geset­zlichen Min­dest­lohns nach § 1 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 MiLoG* verpflichtet ist. Die Klägerin unter­fällt nicht dem per­sön­lichen Anwen­dungs­bere­ich des Geset­zes. Der Auss­chluss von Ansprüchen auf den geset­zlichen Min­dest­lohn nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG* erfasst nach dem in der Geset­zes­be­grün­dung deut­lich zum Aus­druck kom­menden Willen des Geset­zge­bers nicht nur oblig­a­torische Prak­ti­ka während des Studi­ums, son­dern auch solche, die in Stu­dienord­nun­gen als Voraus­set­zung zur Auf­nahme eines bes­timmten Studi­ums verpflich­t­end vorgeschrieben sind. Dem ste­ht nicht ent­ge­gen, dass die Stu­dienord­nung von ein­er pri­vat­en Uni­ver­sität erlassen wurde, denn diese Uni­ver­sität ist staatlich anerkan­nt. Hier­durch ist die von der Hochschule erlassene Zugangsvo­raus­set­zung im Ergeb­nis ein­er öffentlich-rechtlichen Regelung gle­ichgestellt und damit gewährleis­tet, dass durch das Prak­tikum­ser­forder­nis in der Stu­dienord­nung nicht der grund­sät­zlich beste­hende Anspruch auf den geset­zlichen Min­dest­lohn für Prak­tikan­ten sach­widrig umgan­gen wird.

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