Ruhegeld — Ablösung – Überversorgung

 

Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 27.10.2020, AZ 3 AZR 410/19

Aus­gabe: 10–2020

Liegt ein Fall der plan­mäßi­gen Überver­sorgung vor, kön­nen im öffentlichen Dienst die Anforderun­gen der sparsamen und wirtschaftlichen Haushalts­führung die Anpas­sung von Ver­sorgungsregelun­gen, wie etwa die Ein­führung ein­er sog. Net­tolim­i­tierung, recht­fer­ti­gen. Die Grund­sätze des Ver­trauenss­chutzes und der Ver­hält­nis­mäßigkeit kön­nen die Änderung ein­er Anpas­sungsregelung stützen. 

Dem Kläger war von seinem früheren Arbeit­ge­ber — ein­er Han­del­skam­mer — eine betriebliche Altersver­sorgung in Form ein­er Gesamtzusage (VO I) zuge­sagt wor­den. Im Jahr 1995 wurde die VO I über­ar­beit­et (VO I 1995) und für Neuein­tritte geschlossen. Zuge­sagt war hier­nach eine Gesamtver­sorgung iHv. max. 75 vH des zulet­zt bezo­ge­nen Brut­to­ge­halts unter Anrech­nung der geset­zlichen Rente. Im Ver­sorgungs­fall wurde der Gesamtver­sorgungs­be­trag jew­eils entsprechend der Erhöhung der Tar­ifge­häl­ter auf­grund ein­er betrieblichen Übung angepasst. Seit 1991 lag — bei ein­er Brut­tover­sorgung von 75 vH bezo­gen auf einen Durch­schnittsver­di­enst — eine sog. Überver­sorgung iHv. 107,4 vH vor, in den Jahren 1995 und 2015 iHv. 113,1 vH. Zum Abbau der Überver­sorgung schloss die ehe­ma­lige Arbeit­ge­berin 2017 mit ihrem Per­son­al­rat eine Dien­stvere­in­barung (DV 2017). Hier­durch wurde für die Ver­sorgungsempfänger eine sog. Net­tolim­i­tierung einge­führt. Um eine Reduzierung des bish­er gezahlten Ruhegeldes zu ver­mei­den, ist ein Aus­gle­ichs­be­trag vorge­se­hen. Gle­ichzeit­ig wurde die Regelung über die Anpas­sung der laufend­en Ruhegelder dahin geän­dert, dass keine Anpas­sung der Gesamtver­sorgung an die Tar­ifen­twick­lung mehr erfol­gt, son­dern nur noch des gezahlten Ruhegeldes. Die Renten­steigerun­gen in der geset­zlichen Renten­ver­sicherung wer­den nicht mehr angerech­net. Der Aus­gle­ichs­be­trag, der an der Tar­if­steigerung eben­falls nicht teil­hat, wird über einen Zeitraum von in der Regel 10 Jahren abgeschmolzen. Für den Kläger bedeutet dies, dass sich das zulet­zt gezahlte Ruhegeld tat­säch­lich nicht ver­min­dert hat, ihm allerd­ings im Ver­gle­ich zur Recht­slage nach der VO I 1995 ab dem 1. April 2017 Steigerun­gen seines Ruhegeldes ent­gan­gen sind. 

Der Kläger begehrt mit sein­er Klage ein Alter­sruhegeld nach den bish­eri­gen Regelun­gen der VO I 1995. Die Ablö­sung der VO I 1995 und der Anpas­sungsregelung durch die DV 2017 sei ihm gegenüber nicht wirk­sam erfol­gt. Das Arbeits­gericht hat die Klage abgewiesen, das Lan­desar­beits­gericht hat ihr stattgegeben. 

Die Revi­sion der Beklagten hat­te vor dem Drit­ten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts Erfolg. Die DV 2017, die die Beklagte gegenüber dem Kläger als Ruhegeldempfänger auch bei ein­er ggf. vor­liegen­den Teilun­wirk­samkeit wegen Über­schre­itung der Regelungs­macht der Dien­stvere­in­barungsparteien umset­zen kon­nte, war geeignet, die VO I 1995 und die auf betrieblich­er Übung beruhende Anpas­sungsregelung abzulösen. Die damit ver­bun­de­nen Ein­griffe hiel­ten ein­er rechtlichen Über­prü­fung stand. Sie kon­nten auf das geset­zliche Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushalts­führung des öffentlichen Dien­stes bzw. die Ablö­sung­sof­fen­heit der Ver­sorgungsregelun­gen unter Berück­sich­ti­gung der Grund­sätze des Ver­trauenss­chutzes und der Ver­hält­nis­mäßigkeit gestützt wer­den. Sowohl die Ein­führung der sog. Net­tolim­i­tierung zum Abbau ein­er plan­mäßi­gen Überver­sorgung als auch die Änderung der Anpas­sungsregelung waren aus­re­ichend sach­lich gerechtfertigt.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/r…

 
 
 
 

Ruhegeld — Ablösung – Überversorgung

 

Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 27.10.2020, AZ 3 AZR 410/19

Aus­gabe: 10–2020

Liegt ein Fall der plan­mäßi­gen Überver­sorgung vor, kön­nen im öffentlichen Dienst die Anforderun­gen der sparsamen und wirtschaftlichen Haushalts­führung die Anpas­sung von Ver­sorgungsregelun­gen, wie etwa die Ein­führung ein­er sog. Net­tolim­i­tierung, recht­fer­ti­gen. Die Grund­sätze des Ver­trauenss­chutzes und der Ver­hält­nis­mäßigkeit kön­nen die Änderung ein­er Anpas­sungsregelung stützen. 

Dem Kläger war von seinem früheren Arbeit­ge­ber — ein­er Han­del­skam­mer — eine betriebliche Altersver­sorgung in Form ein­er Gesamtzusage (VO I) zuge­sagt wor­den. Im Jahr 1995 wurde die VO I über­ar­beit­et (VO I 1995) und für Neuein­tritte geschlossen. Zuge­sagt war hier­nach eine Gesamtver­sorgung iHv. max. 75 vH des zulet­zt bezo­ge­nen Brut­to­ge­halts unter Anrech­nung der geset­zlichen Rente. Im Ver­sorgungs­fall wurde der Gesamtver­sorgungs­be­trag jew­eils entsprechend der Erhöhung der Tar­ifge­häl­ter auf­grund ein­er betrieblichen Übung angepasst. Seit 1991 lag — bei ein­er Brut­tover­sorgung von 75 vH bezo­gen auf einen Durch­schnittsver­di­enst — eine sog. Überver­sorgung iHv. 107,4 vH vor, in den Jahren 1995 und 2015 iHv. 113,1 vH. Zum Abbau der Überver­sorgung schloss die ehe­ma­lige Arbeit­ge­berin 2017 mit ihrem Per­son­al­rat eine Dien­stvere­in­barung (DV 2017). Hier­durch wurde für die Ver­sorgungsempfänger eine sog. Net­tolim­i­tierung einge­führt. Um eine Reduzierung des bish­er gezahlten Ruhegeldes zu ver­mei­den, ist ein Aus­gle­ichs­be­trag vorge­se­hen. Gle­ichzeit­ig wurde die Regelung über die Anpas­sung der laufend­en Ruhegelder dahin geän­dert, dass keine Anpas­sung der Gesamtver­sorgung an die Tar­ifen­twick­lung mehr erfol­gt, son­dern nur noch des gezahlten Ruhegeldes. Die Renten­steigerun­gen in der geset­zlichen Renten­ver­sicherung wer­den nicht mehr angerech­net. Der Aus­gle­ichs­be­trag, der an der Tar­if­steigerung eben­falls nicht teil­hat, wird über einen Zeitraum von in der Regel 10 Jahren abgeschmolzen. Für den Kläger bedeutet dies, dass sich das zulet­zt gezahlte Ruhegeld tat­säch­lich nicht ver­min­dert hat, ihm allerd­ings im Ver­gle­ich zur Recht­slage nach der VO I 1995 ab dem 1. April 2017 Steigerun­gen seines Ruhegeldes ent­gan­gen sind. 

Der Kläger begehrt mit sein­er Klage ein Alter­sruhegeld nach den bish­eri­gen Regelun­gen der VO I 1995. Die Ablö­sung der VO I 1995 und der Anpas­sungsregelung durch die DV 2017 sei ihm gegenüber nicht wirk­sam erfol­gt. Das Arbeits­gericht hat die Klage abgewiesen, das Lan­desar­beits­gericht hat ihr stattgegeben. 

Die Revi­sion der Beklagten hat­te vor dem Drit­ten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts Erfolg. Die DV 2017, die die Beklagte gegenüber dem Kläger als Ruhegeldempfänger auch bei ein­er ggf. vor­liegen­den Teilun­wirk­samkeit wegen Über­schre­itung der Regelungs­macht der Dien­stvere­in­barungsparteien umset­zen kon­nte, war geeignet, die VO I 1995 und die auf betrieblich­er Übung beruhende Anpas­sungsregelung abzulösen. Die damit ver­bun­de­nen Ein­griffe hiel­ten ein­er rechtlichen Über­prü­fung stand. Sie kon­nten auf das geset­zliche Gebot der sparsamen und wirtschaftlichen Haushalts­führung des öffentlichen Dien­stes bzw. die Ablö­sung­sof­fen­heit der Ver­sorgungsregelun­gen unter Berück­sich­ti­gung der Grund­sätze des Ver­trauenss­chutzes und der Ver­hält­nis­mäßigkeit gestützt wer­den. Sowohl die Ein­führung der sog. Net­tolim­i­tierung zum Abbau ein­er plan­mäßi­gen Überver­sorgung als auch die Änderung der Anpas­sungsregelung waren aus­re­ichend sach­lich gerechtfertigt.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/r…