(Stuttgart) Die Pflicht jedes Vertragspartners, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen (§ 241 Abs. 2 BGB), kann zu einer Verpflichtung des Arbeitgebers führen, bei der Wahrung von Ansprüchen seiner Arbeitnehmer mitzuwirken, die diese gegenüber Dritten, zB dem Versicherungsträger, erwerben können. Eine solche Pflicht hat aber zur Voraussetzung, dass die Entstehung von Rechtspositionen der Arbeitnehmer überhaupt in Betracht zu ziehen ist.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf das Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24.09.2009, Az.: 8 AZR 444/08.

Der Kläger war ursprünglich in der DDR im Bereich der „Carbochemie” beschäftigt, die wegen extremer gesundheitlicher Belastungen seit den 70er Jahren einer bergmännischen Untertagetätigkeit gleichgestellt war. Durch Ministerratsbeschluss der DDR vom 8. Februar 1990 wurde wegen der Umweltbelastung diese Braunkohleveredelung eingestellt; im Frühjahr 1990 wurden erste Entlassungen eingeleitet. Der Kläger arbeitete in anderen Bereichen und unterschiedlichen Funktionen noch bis September 2000 im Betrieb weiter, danach war er arbeitslos. Nach Vollendung seines 60. Lebensjahres bezieht er seit Mai 2003 Altersrente mit einem Rentenabschlag von 18 %. Er verlangt von der Beklagten Schadensersatz in Höhe des Rentenabschlags, weil diese es als seine Arbeitgeberin versäumt habe, seine rentenrechtliche Gleichstellung mit Bergleuten zu verfolgen.

Die Klage blieb in allen drei Instanzen erfolglos. Der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat eine Pflichtverletzung der Arbeitgeberin verneint, weil der Kläger die gesetzlichen Voraussetzungen für keines der Verfahren erfüllt, die zu keinen oder geringeren Rentenabschlägen hätten führen können, betont Henn.

Nach dem mit der deutschen Einheit geschaffenen Rentenüberleitungsgesetz wäre eine Bergmannsrente nur in Betracht gekommen, wenn die Altersrente des Klägers bis zum 31. Dezember 1996 begonnen hätte. Die europäischen Verträge zu Kohle und Stahl (Montanunion-Verträge, MUV) sehen Beihilfen grundsätzlich nur vor, wenn geänderte Absatzbedingungen die Produktionseinschränkungen ausgelöst haben. Der Ministerrat der DDR verfügte jedoch die Produktionseinstellung aus Umweltgründen und zu einem Zeitpunkt, in dem die europäischen Verträge im Gebiet der DDR noch gar nicht galten. Folgerichtig sind die zu dem MUV ergangenen Richtlinien auch erst auf Maßnahmen anzuwenden, die ab dem 1. Juli 1990, also dem Beginn der Wirtschafts- und Währungsunion Deutschlands, begonnen wurden. Pflichten nach diesen Richtlinien kamen daher für die beklagte Arbeitgeberin von vorneherein nicht in Betracht.

Henn empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.    

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