(Stuttgart) Am 24.02.2010 hat das Bundesarbeitsgericht über einen Fall entschieden, in dem die Klägerin von der Beklagten Leistungen aus einem Tarifvertrag verlangt, an den die Beklagte nicht kraft Verbandsmitgliedschaft tarifgebunden ist.

Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA  – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24. Februar 2010 – 4 AZR 691/08.

In dem vom Vierten Senat entschiedenen Fall hatte die Klägerin von der Beklagten Leistungen aus einem Tarifvertrag verlangt, an den die Beklagte nicht kraft Verbandsmitgliedschaft tarifgebunden ist. Sie hat sich dafür auf eine Bezugnahmeklausel in ihrem Arbeitsvertrag bezogen, den sie 1998 für eine Tätigkeit als Maschinenbedienerin mit einem tarifgebundenen Unternehmen der Metallindustrie abgeschlossen hatte. Dort war auf „die Bestimmungen der gültigen Tarifverträge der Metallindustrie Schleswig-Holstein in der jeweils gültigen Fassung“ Bezug genommen worden.

Im Jahre 2003 ging das Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs auf eine andere, ebenfalls tarifgebundene Gesellschaft über. Im November 2005 schloss die Klägerin mit dieser aus Anlass einer Arbeitszeitreduzierung eine „Vereinbarung zum bestehenden und fortgeltenden Arbeitsvertrag“, in der es auch heißt: „Die einschlägigen Tarifverträge der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweiligen Fassung sind Bestandteil dieser Vereinbarung.“ Im Jahre 2006 ging das Arbeitsverhältnis durch einen weiteren Betriebsübergang auf die nicht tarifgebundene Beklagte über.

Wie die Vorinstanzen hat auch das Bundesarbeitsgericht angenommen, dass die Klägerin auch Rechte aus den in Bezug genommenen tariflichen Regelungen geltend machen kann, die erst nach dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses auf die nicht tarifgebundene Beklagte vereinbart wurden, betont Klarmann.

Konkret ging es um Tariflohnerhöhungen und eine tarifliche Einmalzahlung, die im Jahre 2007 vereinbart worden und die der Klägerin in Höhe von rund 600,00 Euro zuzuerkennen waren.

Hintergrund des Rechtsstreits ist, dass nach der früheren Rechtsprechung des Vierten Senats bei Tarifgebundenheit des Arbeitgebers an arbeitsvertraglich in Bezug genommene Tarifverträge Bezugnahmeklauseln wie die im Arbeitsvertrag der Parteien in aller Regel als sogenannte Gleichstellungsabreden auszulegen waren, deren – nicht ausdrücklich niedergelegter, aber durch Auslegung festgestellter – vertraglicher Zweck es allein war, die nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer ebenso zu stellen wie die tarifgebundenen; ihnen gegenüber waren die betreffenden Tarifverträge ohnehin kraft Gesetzes anzuwenden. Dies führte bei einem Wegfall der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite dazu, dass die in das Arbeitsverhältnis einbezogenen Tarifverträge nur noch statisch in der Fassung zum Zeitpunkt des Endes der Tarifgebundenheit anzuwenden waren. Diese Auslegungsregel legt der Senat aus Gründen des Vertrauensschutzes auch weiterhin bei Bezugnahmeklauseln zu Grunde, die vor dem 1. Januar 2002 vereinbart worden sind („Altverträge”). Bei Arbeitsverträgen, die nach dem Inkrafttreten der Schuldrechtsreform zum 1. Januar 2002 abgeschlossen wurden („Neuverträge”), wendet der Senat die genannte Auslegungsregel nicht mehr an. Er versteht die Klausel nun, wenn keine Anhaltspunkte für einen hiervon abweichenden Vertragswillen bestehen, ihrem Wortlaut entsprechend als unbedingte zeitdynamische Verweisung.

Im entschiedenen Rechtsstreit war die Verweisung im geänderten Arbeitsvertrag aus dem Jahre 2005 als Verweisung in einem „Neuvertrag“ zu behandeln, weil sie in den damals gebildeten Vertragswillen der Arbeitsvertragsparteien neu aufgenommen worden ist, wie schon ihre Umformulierung gegenüber dem Ursprungsvertrag zeigt. Die Verweisungsklausel war deshalb entsprechend der neueren Senatsrechtsprechung ihrem Wortlaut entsprechend anzuwenden. Die Beklagte ist an sie gebunden, weil sie im Wege des Betriebsübergangs in den mit diesem Inhalt bestehenden Arbeitsvertrag eingetreten ist. Sie hat deshalb die Klägerin auch trotz ihrer eigenen Tarifungebundenheit aufgrund Arbeitsvertrags nach den einschlägigen Tarifverträgen der Metallindustrie in Schleswig-Holstein in ihrer jeweils aktuellen Fassung zu vergüten

Klarmann empfahl, diese Grundsätze zu beachten sowie in Zweifelsfällen um Rechtsrat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.    

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