(Stuttgart) Wed­er aus der Benen­nung als “Ober­arzt” noch aus der Ein­grup­pierung in die Vergü­tungs­gruppe I a BAT lässt sich die aus­drück­liche Über­tra­gung der medi­zinis­chen Ver­ant­wor­tung gemäß § 16 TV-Ärzte/V­KA herleiten.

Dies, so der Han­nover­an­er Fachan­walt für Arbeit­srecht Math­ias Busch, Lan­desre­gion­alleit­er „Nieder­sach­sen”  des VdAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, ist der Tenor eines Urteils des Lan­desar­beits­gerichts (LAG) Nieder­sach­sen vom 05.02.2009 (AZ.: 5 SA 1465/08).

In dem entsch­iede­nen Fall strit­ten die Parteien um die tar­ifgerechte Ein­grup­pierung des Klägers. Dieser ist in ein­er Klinik für Kinder- und Jugendpsy­chi­a­trie und Phys­io­ther­a­pie tätig. Dem Arbeitsver­hält­nis liegt der Arbeitsver­trag vom 14.10.1999 zu Grunde. Es richtet sich nach dem Tar­ifver­trag TV-Ärzte/V­KA, der zum 01.08.2006 in Kraft trat. Seit dem 01.08.2006 erhält der Kläger die Vergü­tung nach der Ent­gelt­gruppe II (Facharzt mit entsprechen­den Tätigkeit­en der Stufe 5). Der Kläger ist sowohl Facharzt für Kinder­heilkunde als auch Facharzt für Kinder- und Jugendpsy­chi­a­trie und Phys­io­ther­a­pie. Er ist neben dem lei­t­en­den Arzt Dr. S. der Klinik als Ober­arzt beschäftigt und führt den Titel Ober­arzt sowohl inner­be­trieblich als auch außerbetrieblich.

Zu mehr als 50 % sein­er Arbeit­szeit ist er in der Ambu­lanz tätig. Diese Ambu­lanz befind­et sich in einem eige­nen Gebäude und hat zum Teil eigenes Per­son­al. Der Kläger hat Assis­tenz- und Fachärzte sowie das psy­chol­o­gis­che Per­son­al angeleit­et, Diag­nosen erstellt und bestätigt sowie die Ther­a­pie ange­ord­net. Diese Tätigkeit nimmt er auch weit­er­hin wahr, wobei die Let­ztver­ant­wortlichkeit durch den Che­farzt Dr. S. zwis­chen den Parteien außer Stre­it steht.

Er hat­te die Ein­grup­pierung in die Ent­gelt­gruppe III Stufe 2 des TV-Ärzte/V­KA  begehrt und die Auf­fas­sung vertreten, in die Ent­gelt­gruppe III des bere­its zitierten Tar­ifver­trages ein­grup­piert wer­den zu müssen. Dies habe sich sowohl aus dem Titel „Ober­arzt” als auch aus sein­er medi­zinis­chen Ver­ant­wor­tung für die Ambu­lanz der Klinik ergeben.

Dies lehnte die Klinik ab.  Sie ver­trat die Auf­fas­sung, es fehle angesichts der Leitung durch den Che­farzt Dr. S. an der medi­zinis­chen Ver­ant­wor­tung, im Übri­gen an der aus­drück­lichen Über­tra­gung durch sie. Das Arbeits­gericht Wil­helmshaven hat­te die Klage abgewiesen, woge­gen sich die Beru­fung des Klägers richtete.

Aber auch das Lan­desar­beits­gericht Nieder­sach­sen ver­mochte der Argu­men­ta­tion des Klägers nicht zu fol­gen, so Busch. Die Beru­fung sei unbe­grün­det. Zu Recht habe das Arbeits­gericht Wil­helmshaven die Klage abgewiesen.

Nach §§ 15, 16 TV-Ärzte/V­KA hänge der Rechtsstre­it davon ab, ob der Kläger mit min­destens der Hälfte sein­er Arbeit­szeit Arbeitsvorgänge zu bear­beit­en habe, die den tar­i­flichen Anforderun­gen der Ent­gelt­gruppe III entsprächen. Die Ent­gelt­gruppe III enthalte den Wort­laut: „Oberärztin/Oberarzt”.

Es fehle jedoch hier daran, dass dem Kläger diese Kom­pe­ten­zen, jeden­falls nicht „aus­drück­lich”,  vom Arbeit­ge­ber über­tra­gen wor­den seien. Rein tat­säch­liche Dis­po­si­tio­nen eines lei­t­en­den Arztes genügten insoweit nicht. Die Beze­ich­nung des Klägers als Ober­arzt sei nicht aus­re­ichend. Diese Wer­tung folge aus dem TVÜ-Ärzte/V­KA, demzu­folge die Tar­ifver­tragsparteien voraus­set­zen, dass die Beze­ich­nung „Ober­arzt” nicht gle­ichzuset­zen sei mit ein­er Über­tra­gung der medi­zinis­chen Ver­ant­wor­tung bzw. der Bejahung der son­sti­gen Voraus­set­zun­gen des § 16 TV-Ärzte/V­KA. Denn andern­falls wäre die dort erwäh­nte Über­gangsvorschrift, der zufolge Oberärzte, die nicht die Voraus­set­zun­gen der Ein­grup­pierung in die Ent­gelt­gruppe III nach § 16 TV-Ärzte/V­KA erfüllen, die Berech­ti­gung zur Führung ihrer bish­eri­gen Beze­ich­nung nicht ver­lieren, über­flüs­sig. Aus der schriftlich doku­men­tierten Ein­grup­pierung in die Vergü­tungs­gruppe I a BAT ließe sich keine aus­drück­liche Über­tra­gung der medi­zinis­chen Ver­ant­wor­tung zweifels­frei her­leit­en, sodass die Beru­fung zurück­zuweisen war.

Busch emp­fahl sowohl Kliniken als auch Ärzten, das Urteil zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. — www.vdaa.de — verwies. 

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