In den Medi­en wur­den unlängst Vor­würfe über den Umgang am Film­set von Till Schweiger disku­tiert – welche Rechte haben dabei Arbeitnehmer?

(Stuttgart) Belei­di­gun­gen, Schimpf­worte und ein rauer Umgang: Das gehört sicher­lich nicht zum guten Umgangston. Aber gilt das auch im Arbeitsver­hält­nis – oder dür­fen Chefs in bes­timmten Fällen ihren Mitar­beit­ern auch sehr deut­lich die Mei­n­ung sagen und Miss­fall­en zum Aus­druck brin­gen?  

Die arbeit­srechtliche Lage fasst der Ham­burg­er Fachan­walt für Arbeit­srecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott zusam­men. 

Rück­sicht­nahme als Nebenpflicht im Arbeitsverhältnis

Jen­seits vom Rechtlichen gilt zunächst: Ein fre­undlich­er und respek­tvoller Umgang am Arbeit­splatz ist eine Frage des guten Tons. Überdies dürfte Einigkeit beste­hen: Chefs, die in Zeit­en des Fachkräfte­man­gels in der Belegschaft ein tox­is­ches Kli­ma ver­bre­it­en oder dulden, wirken sich neg­a­tiv auf die Arbeit­ge­ber­at­trak­tiv­ität aus. Das fördert die Mitar­beit­er­fluk­tu­a­tion und schadet damit dem betrof­fe­nen Unternehmen in hohem Maße.

„Auch aus einem rechtlichen Blick­winkel gel­ten gewisse Min­dest­stan­dards im betrieblichen Umgang“, so Arbeit­srechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott. Denn den Arbeit­ge­ber tre­ffe die Nebenpflicht aus dem Arbeitsver­hält­nis, auf die Rechts­güter sein­er Beschäftigten Rück­sicht zu nehmen. Danach sind Arbeit­ge­ber verpflichtet, auch das Per­sön­lichkeit­srecht ihrer Beschäftigten zu achten.

Keine Belei­di­gun­gen, aber auch kein Recht auf Freundlichkeit

„Anschreien oder Belei­di­gen sind tabu. Auch im Arbeitsver­hält­nis“, so Arbeit­srecht­san­walt Fuhlrott.

Ander­er­seits gebe es aber kein Recht auf einen net­ten oder beson­ders fre­undlichen Chef. Gle­ich­es gelte für smalltalk oder Inter­esse des Chefs an pri­vat­en Din­gen des Arbeitnehmers.

Auch dies kann der Arbeit­nehmer nicht ver­lan­gen: „Geschuldet ist ein beru­flich-pro­fes­sioneller Umgang. Nicht mehr, aber auch nicht weniger“, so Arbeit­srechtler Fuhlrott.

Im Einzelfall: Schadenser­satz wegen Diskriminierung

Bei extremen Ver­hal­tensweisen wie etwa Diskri­m­inierun­gen auf­grund des Geschlechts durch anzügliche Kom­mentare oder der eth­nis­chen Herkun­ft kön­nen Mitar­beit­ern zudem Ansprüche nach dem Allg. Gle­ich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) entste­hen. Im Falle ein­er solchen Diskri­m­inierung kann der Mitar­beit­er auch Ansprüche auf Entschädi­gung gel­tend machen und gerichtlich den Arbeit­ge­ber zum Ein­schre­it­en bzw. zur Unter­las­sung der Diskri­m­inierun­gen verpflichten.

„In Aus­nah­me­fällen darf der Arbeit­nehmer seine Arbeit ein­stellen und weit­er­hin den Lohn beanspruchen“, erk­lärt Arbeit­srechtler Fuhlrott. Dieses Zurück­be­hal­tungsrecht sei aber nicht gren­zen­los gewährleis­tet und stelle das let­zte Mit­tel dar: „Etwaige Fehlein­schätzun­gen hier­bei trägt der Arbeit­nehmer“, so Arbeit­srechtler Fuhlrott. Überdies gelte: „Nicht jede unberechtigte Kri­tik, eine über­zo­gene Abmah­nung oder gar eine unwirk­same Kündi­gung stellen bere­its ein “Mob­bing” dar und berechti­gen den Arbeit­nehmer zur Arbeit­se­in­stel­lung“, warnt der Ham­burg­er Anwalt.

„Rechtswidrige Arbeit­san­weisun­gen müssen aber in keinem Fall befol­gt wer­den. Ein Arbeit­nehmer darf sich weigern, unter Ver­stoß gegen das Arbeit­szeit­ge­setz 12 Stun­den am Stück durchzuar­beit­en“, so Arbeit­srechtler Fuhlrott. Eine solche Weigerung dürfe vom Arbeit­ge­ber nicht “abges­traft” wer­den, eine darauf gestützte Kündi­gung wäre unwirksam.

Fak­tis­che Ein­wirkungsmöglichkeit: Konz­ern oder inhab­erge­führter Mittelständler?

Wichtig seien auch die betrieblichen Gesam­tum­stände: Wird auf tox­is­ches Führungsver­hal­ten unternehmens­seit­ig reagiert oder wer­den entsprechende Ver­hal­tensweisen von der Organ­i­sa­tion geduldet?

„Der Man­ag­er ein­er mit­tleren Führungsebene, der sein­er­seits gegenüber Vorge­set­zten sein Ver­hal­ten recht­fer­ti­gen muss, unter­liegt ganz anderen Zwän­gen als der Gesellschaftergeschäfts­führer eines Mit­tel­ständlers, der das Unternehmen allein regiert“, so Fachan­walt Michael Fuhlrott. Zwar sei der rechtliche Rah­men iden­tisch, die fak­tis­chen Ein­wirkungsmöglichkeit­en unter­schieden sich jedoch wesentlich. „Bei der Über­legung, wie auf entsprechen­des Ver­hal­ten der Führungskraft reagiert wer­den sollte, ist dies ein wichtiger Aspekt, der in die Über­legun­gen einzubeziehen ist“, erläutert der Arbeitsrechtsanwalt.

Hand­lung­sop­tio­nen für Arbeitnehmer

Arbeit­nehmer, die mit solchen Sit­u­a­tio­nen kon­fron­tiert wer­den, haben ver­schiedene Handlungsmöglichkeiten:

„In manchen Fällen emp­fiehlt sich zunächst das offene Gespräch mit dem Vorge­set­zten. Es mag Chefs geben, die ihr Ver­hal­ten nicht selb­st reflek­tieren oder vielle­icht so han­deln, weil sie selb­st über­fordert sind“, betont Anwalt Fuhlrott. „Als weit­ere Eskala­tion bietet sich sodann die Ein­schal­tung des näch­sthöheren Vorge­set­zten oder der Per­son­al­abteilung an“, so der Arbeitsrechtler.

Sofern ein Betrieb­srat beste­ht, kann natür­lich auch dieser um sein Tätig­w­er­den gebeten wer­den. Keine gute Idee sei hinge­gen die sofor­tige Ein­schal­tung der Behör­den: „Anzeigen oder Ein­schal­tung von Behör­den sind nur ein erlaubtes Mit­tel, wenn gegen Geset­ze ver­stoßen wird und drin­gen­der Hand­lungs­be­darf beste­ht. Denn zunächst hat die inner­be­triebliche Klärung Vor­rang“, warnt Arbeit­srecht­spro­fes­sor Fuhlrott. Und: Stets unzuläs­sig sei das Ein­schal­ten der Presse, um Missstände aufzuk­lären oder Druck auf den Arbeit­ge­ber auszuüben. Ein berechtigtes Inter­esse hier­an habe ein Arbeit­nehmer nicht.

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Prof. Dr. Michael Fuhlrott
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