(Stuttgart) Das Entgelttransparenzgesetz hat den Bundesrat passiert und tritt mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt in Kraft.

Was es damit auf sich hat, erläutert der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht und Gewerblichen Rechtsschutz Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen“ des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V.

Nach den Angaben im Gesetzesentwurf (Drucksache 18/11133 vom 13. Februar 2017) beträgt in Deutschland die statistische Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern, bezogen auf das durchschnittliche Bruttostundenentgelt, rund 21 Prozent (Ost: 8 Prozent/West: 23 Prozent). Selbst bei gleicher formaler Qualifikation und im Übrigen gleichen Merkmalen beträgt der statistisch messbare Entgeltunterschied nach Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2016 immer noch 7 Prozent.

Der Gesetzgeber will dagegenhalten und mit dem Entgelttransparenzgesetz das Gebot des gleichen Entgelts für Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit durchsetzen. Wie schon auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verbietet nun § 3 Abs. 1 EntgTranspG als lex specialis die unmittelbare und mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts im Hinblick auf sämtliche Entgeltbestandteile und Entgeltbedingungen. Voraussetzung ist, dass eine gleiche oder gleichwertige Arbeit vorliegt. Vereinbarungen, die gegen das Diskriminierungsverbot oder das Entgeltgleichheitsgebot verstoßen, sind unwirksam.

Das Gesetz enthält Definitionen der gleichen und gleichwertigen Arbeit.

Danach üben weibliche und männliche Beschäftigte eine gleiche Arbeit aus, wenn sie an verschiedenen Arbeitsplätzen oder nacheinander an demselben Arbeitsplatz eine identische oder gleichartige Tätigkeit ausführen.

Der Gesetzgeber bezieht sich bei dieser Definition auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 26. Januar 2005 (BAG, Urt. v. 26.1.2005 – 4 AZR 509/03, Rn. 26). Bei der „gleichen Arbeit“ darf es keine Unterschiede der Arbeitsinhalte und/oder der beruflichen Qualifikation geben. Um von gleicher Arbeit sprechen zu können, müssen sich die Beschäftigten bei Bedarf ersetzen können. Diese Voraussetzung soll nach den Ausführungen in der Gesetzesbegründung aber nicht erfüllt sein, wenn eine gleiche Tätigkeit über einen erheblichen Zeitraum von Beschäftigten mit unterschiedlicher Berufsberechtigung ausgeübt wird (Gesetzentwurf S. 52, unter Hinweis auf EuGH-Urteil vom 11. Mai 1999, Rs. C-309/97, Slg. 1999 I-2907 Rn. 19 ff., Angestelltenbetriebsrat der Wiener Betriebskrankenkasse).

Eine gleichwertige Arbeit ist gegeben, wenn weibliche und männliche Beschäftigte unter Zugrundelegung einer Gesamtheit von Faktoren als in einer vergleichbaren Situation befindlich angesehen werden können. Dabei ist unter anderem auf die Art der Arbeit, die Ausbildungsanforderungen sowie die Arbeitsbedingungen abzustellen. Bei der Anwendung der genannten drei und allen anderen Faktoren ist eine wertende Gesamtschau erforderlich, die „eine gerechte Berücksichtigung aller Kriterien“ gewährleisten muss, die zudem verhältnismäßig gewichtet sein müssen (Gesetzentwurf S. 52, unter Hinweis auf EuGH, Urteil vom 1. Juli 986, Rs. 237/85, Slg. 1986 S. 2110, Rummler).

Um die Durchsetzbarkeit des Gesetzes zu erleichtern, verschafft § 10 EntgTransG den Beschäftigten einen individuellen Auskunftsanspruch.

Dafür muss der Beschäftigte in einem Betrieb tätig sein, in dem in der Regel mehr als 200 Arbeitnehmer tätig sind. Aus Datenschutzgründen muss der Arbeitgeber das Vergleichsentgelt aber dann nicht angeben, wenn die Vergleichstätigkeit von weniger als sechs Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts ausgeübt wird. Ansonsten ist das Vergleichsentgelt anzugeben als auf Vollzeitäquivalente hochgerechneter statistischer Median des durchschnittlichen monatlichen Bruttoentgelts sowie der benannten Entgeltbestandteile, jeweils bezogen auf ein Kalenderjahr.

Der Auskunftsanspruch kann erstmals sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes gestellt werden. In tarifgebundenen oder -anwendenden Unternehmen soll der Betriebsrat Auskunftsverlangen und Auskunft zwischen den Beschäftigten und dem Arbeitgeber vermitteln. In tarifungebundenen Betrieben ist das Auskunftsverlangen an den Betriebsrat zu richten, sofern ein Betriebsrat existiert und der Arbeitgeber die Erfüllung der Auskunftsverlangen nicht übernommen hat, ansonsten an den Arbeitgeber.

Der einzelne Beschäftigte kann von dem Arbeitgeber Auskünfte über das Vergleichsentgelt, Kriterien und Verfahren der Entgeltfindung sowohl des eigenen Entgelts als auch des Vergleichsentgelts sowie über bis zu zwei Entgeltbestandteile verlangen.

Tarifgebundene oder tarifanwendende Arbeitgeber genügen der gesetzlichen Auskunftspflicht, wenn sie die tarifvertraglichen Entgeltregelungen nennen und das Vergleichsentgelts der Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts in der gleichen Entgeltgruppe angeben.

In tarifungebundenen Betrieben muss das Vergleichsentgelt aller Beschäftigten des jeweils anderen Geschlechts für die erfragte Vergleichstätigkeit ermittelt werden. Im Anschluss daran sind die so errechneten Bruttoentgelte der Höhe nach zu sortieren. Der Wert, der in der Mitte der Reihung steht, ist der Median, über den dann Auskunft zu erteilen ist.

Wird die Auskunft verweigert, kommt es wie in § 22 AGG zu einer Beweislastumkehr. Danach muss der Arbeitgeber im Streitfall beweisen, dass er nicht gegen das Entgeltgleichheitsgebot verstößt. Allerdings ist diese Sanktion nur in der Regelung über die Auskunftspflicht der nicht tarifgebundenen und nicht tarifanwendenden Arbeitgeber vorgesehen (§ 15 Abs. 5 EntgTranspG). Sanktionslos bleibt ferner eine offenbarte Benachteiligung. Jedoch können dann ggf. Ansprüche auf Schadensersatz oder Entschädigung aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz geltend gemacht werden.

Franzen empfahl, dies zu beachten und riet er bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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