(Stuttgart) Ist es nach ärztlichem Zeugnis erforderlich, dass eine Arbeitnehmerin während eines bereits bewilligten Erholungsurlaubes wegen der Pflege eines erkrankten Kindes der Arbeit fernbleibt, so kommt es gleichwohl zum Erlöschen des Urlaubsanspruches im Umfang seiner Bewilligung. § 9 BUrlG ist hierauf nicht entsprechend anzuwenden.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf das Urteil des Arbeitsgerichts (ArbG)  Berlin vom 17. Juni 2010 – 2 Ca 1648/10.

In dem Fall hatte die Klägerin, eine Verkäuferin, Erholungsurlaub vom 16.11.2009 bis zum 21.11.2009. In derselben Zeit vom 16.11.2009 bis zum 21.11.2009 erkrankte sodann das neunjährige Kind der Klägerin, welches sie betreuen musste. Eine entsprechende ärztliche Bescheinigung legte sie vor. Sie beantragte beim Arbeitgeber unbezahlte Freistellung nach § 45 Abs. 3 S. 1 SGB V zur Betreuung des Kindes. Sodann beantragte die Klägerin Erholungsurlaub für die Zeit vom 23.12.2009 bis 31.12.2009 in dem Glauben, dass die vorher genommenen sechs Tage Erholungsurlaub wegen der Erkrankung des Kindes noch nicht verbraucht seien. Diesen bewilligte der Arbeitgeber nicht. Entgegen dem Wunsch der Klägerin bestätigte sie dieser auch nicht, dass die sechs Tage Erholungsurlaub wegen der Erkrankung des Kindes auch noch nicht verbraucht seien, wogegen sie Klage erhob. 

Der Arbeitgeber handelte aber zu Recht, wie das Arbeitsgericht Berlin nun entschied, so Henn. 

Auch wenn ein ärztlichem Zeugnis vorgelegt werde, wonach eine Arbeitnehmerin während eines bereits bewilligten Erholungsurlaubes wegen der Pflege eines erkrankten Kindes der Arbeit fernbleiben musste, so komme es gleichwohl zum Erlöschen des Urlaubsanspruches im Umfang seiner Bewilligung für diesen Zeitraum. § 9 BUrlG ist hierauf nicht entsprechend anzuwenden. Da es nicht Zweck des § 45 SGB V sei, den Arbeitnehmer vor Vergütungseinbußen wegen der Pflege eines erkrankten Kindes zu schützen, komme in diesem Falle auch kein Schadensersatzanspruch auf Nachgewährung von Erholungsurlaub in Betracht. Wolle ein Arbeitnehmer Nachteile bei der Vergütung vermeiden, so ist er in diesem Falle gehalten, von der Arbeitsfreistellung nach § 45 SGB V keinen Gebrauch zu machen und das erkrankte Kind während des Urlaubszeitraumes zu pflegen. 

Der Umstand, dass die Klägerin nunmehr den Nachteil erlitt, dass es trotz Wegfalles der Vergütungspflicht der Beklagten im Zeitraum vom 16.11.2009 bis 21.11.2009 zum Erlöschen des Urlaubsanspruches kam, zwinge nicht zu einer anderen Entscheidung. Das Risiko urlaubsstörender Ereignisse habe der Arbeitnehmer zu tragen (BAG v. 9.8.1994). Die eingetretenen Vergütungseinbußen hätte die Klägerin vorliegend vermeiden können, wenn sie für die Dauer des bereits bewilligten Urlaubes keine Arbeitsfreistellung nach § 45 Abs. 3 S. 1 SGB V geltend gemacht hätte. Denn dann hätte der Klägerin für diesen Zeitraum Urlaubsvergütung nach § 11 BUrlG zugestanden. Der Arbeitnehmer sei nicht verpflichtet, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 SGB V die dort geregelten Ansprüche geltend zu machen. 

Henn empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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