(Stuttgart) Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat mit Urteil vom 7. Mai 2009 (B 14 AS 35/08 R) entschieden, dass bei lang­jährig Selbständigen eine Pflicht zur Verwertung von Lebensversicherungen bei Arbeitslosengeld II wegen Vorliegens eines Härtefalls ausscheiden kann, wenn eine Kumulation von Umständen vorliegt.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.

Die 1950 geborene schwerbehinderte Klägerin, die überwiegend selbständig tätig war, ohne Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet zu haben, beantragte im Dezember 2005 bei dem beklagten Grundsicherungsträger Arbeitslosengeld II (Alg II). Sie verfügte seinerzeit über sieben Kapitallebensversicherungen mit einem Rückkaufwert von ca. 80.000 Euro, weswegen die Beklagte den Antrag der Klägerin ablehnte. Die dagegen erhobene Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg.

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat mit Urteil vom 7. Mai 2009 (B 14 AS 35/08 R) das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landes­sozialgericht zurückverwiesen, betont Henn.

In der Sache habe das Bundessozialgericht entschieden, dass bei lang­jährig Selbständigen eine Pflicht zur Verwertung von Lebensversicherungen wegen Vorliegens eines Härtefalls ausscheiden kann, wenn eine Kumulation von Umständen vorliege. Ob dies bei der Klägerin der Fall war, konnte der Senat allerdings wegen fehlender Feststellungen des Landessozialgerichts nicht abschließend entscheiden. Das Landessozialgericht habe zu Unrecht auch bei der überwiegend selbständig tätig gewesenen Klägerin das Vorliegen eines Härtefalls schon deshalb ausgeschlossen, weil die Klägerin nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, die Verwertung ihrer Lebensver­sicherungsverträge vor Eintritt in den Ruhestand vertraglich in der Form auszuschließen, wie sie von § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II gefordert werde. Das Landessozialgericht sei insofern in Bezug auf Hilfebedürftige, die im Verlauf ihres Erwerbslebens überwiegend nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung pflicht­versichert waren, von einem zu strengen, rechtlich unzutreffenden Maßstab ausgegangen. Maßgebend sei insoweit lediglich, ob die Lebensversicherungsverträge objektiv und subjektiv zur Altersvorsorge zweckbestimmt waren.

Um feststellen zu können, ob die geforderte Verwertung der Lebensversicherungen der Klägerin für diese eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6, 2. Alternative SGB II bedeuten würde, werde das Landessozialgericht zu ermitteln haben, inwieweit bei der Klägerin eine Versorgungs­lücke be­steht. Dies liege bereits deshalb nahe, weil die Klägerin bei Vollendung des 65. Lebensjahres nur mit einer monatlichen Rente aus der gesetz­lichen Rentenversicherung in Höhe von 257,10 Euro rechnen könne.

Hierbei werde auch zu ermitteln sein, über welches Restleistungsvermögen die Klägerin verfügt. Ihr wurde ein GdB von 50 zuerkannt. Das Bundessozialgericht geht dabei davon aus, dass die Rest­leistungsfähigkeit auch Indiz dafür sein kann, inwiefern die Klägerin überhaut noch in der Lage sein wird, eine neue, zusätzliche Rentenanwartschaft durch Erwerbstätigkeit aufzubauen. Gegebenenfalls werde auch zu berücksichtigen sein, aus welchem Grund und für welche Dauer der Klägerin Berufs­unfähig­keitsrenten gewährt werden, sowie über welche Berufsausbildungen und Fertigkeiten die Klägerin verfügt. Das Landessozialgericht werde auch zu berück­sichtigen haben, dass die besondere Härte im Sinne dieser Regelung möglicherweise noch nicht zu Beginn des Bewilligungszeitraums vorlag, als die Klägerin 55 Jahre alt war, gegebenenfalls aber später im Verlauf des Rechtsstreits ein­getreten sein könnte.

Henn empfahl, das Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.   

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