Fiebermessen, Freistellungen, Home-Office, Krankmeldung und Schutzkleidung

(Stuttgart) Die Folgen des SARS-CoV 2 – Virus treffen immer stärker Wirtschaft und Arbeitgeber und verunsichern Arbeitnehmer.

Antworten zu häufig gestellten Fragen beantwortet der Hamburger Fachanwalt für Arbeitsrecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott vom VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.

  • Dürfen Arbeitgeber vor Zutritt zum Betrieb Fieber messen?

Bei betriebsfremden Dritten darf der Arbeitgeber in Ausübung seines Hausrechts den Zutritt zum Betrieb davon abhängig machen, dass der Besucher sich einer Fiebermessung unterzieht. Der Besucher, der dem nicht zustimmt, darf dann den Betrieb gar nicht erst betreten. Bei Arbeitnehmern, die zur Arbeitsleistung den Betrieb betreten müssen, ist auch deren Allgemeines Persönlichkeitsrecht zu beachten. Ob daher eine generelle Pflicht zum Fiebermessen in einer Pandemie-Situation wie vorliegend angeordnet werden kann, muss im Einzelfall beurteilt werden. Gibt es im Betrieb bereits Verdachtsfälle, war ein Arbeitnehmer in einem Risikogebiet oder ist das Unternehmen in einer Region gelegen, in der es besonders viele Infizierte gibt, sprechen gute Argumente für ein derartiges Vorgehen. Hier bleibt auch die weitere Entwicklung der Epidemie zu beachten.

Wichtig ist, dass die Messdaten aus einer Fiebermessung nicht gespeichert werden dürfen. Für die Frage der Zutrittsgewährung ist dies nicht notwendig, zumal es sich um besonders sensible Gesundheitsdaten iSv. § 26 Abs. 3 BDSG handelt. Auch ist ein bestehender Betriebsrat bei der Einführung und Durchführung einer Fiebermessung zu beteiligen.

  • Gibt es ein Recht auf HomeOffice?

HomeOffice kann einseitig grundsätzlich nicht angeordnet werden. Der Arbeitnehmer hat hierauf auch regelmäßig keinen Anspruch. Es darf daher nur im HomeOffice gearbeitet werden, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich gemeinsam hierauf verständigen. Ausnahmen gelten dann, wenn bereits zuvor eine entsprechende Vereinbarung über HomeOffice-Arbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen wurde oder mit dem Betriebsrat eine für den Betrieb geltende Betriebsvereinbarung zur Arbeit im HomeOffice vereinbart ist.

  • Muss der Arbeitgeber Schutzkleidung stellen?

Aufgrund der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht gem. §§ 611a, 618, 241 II BGB ist der Arbeitgeber verpflichtet, seine Arbeitnehmer vor Gefahren für deren Gesundheit zu schützen. Hierzu kann im Einzelfall – etwa bei einer Tätigkeit von medizinischen Fachpersonal in einer Arztpraxis – auch das Stellen von Mundschutz und Handschuhen gehören. Ob und inwieweit derartige Pflichten bestehen, hängt von einer konkreten Gefährdungslage und weiteren Entwicklung ab. Ob Arbeitnehmer, die Publikumskontakt haben, sich selbst mit Schutzkleidung versorgen und mit Mundschutz und Handschuhen zur Arbeit erscheinen dürfen, hängt ebenfalls von der jeweiligen Tätigkeit ab. Solange die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden dies nicht ausdrücklich empfehlen, kann der Arbeitgeber hier nach eigenem pflichtgemäßen Ermessen unter Berücksichtigung des Risikos des Arbeitsplatzes Vorgaben machen. Auch hierbei ist aber ein bestehender Betriebsrat zu beteiligen (§§ 87 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 7 BetrVG).

  • Darf mich der Arbeitgeber freistellen und nach Hause schicken?

Ein solches Recht des Arbeitgebers besteht. Voraussetzung ist aber, dass der Arbeitgeber das Gehalt weiterzahlt, dass die Freistellung zeitlich limitiert ist und nicht willkürlich erfolgt. Arbeitnehmer, die in Risikogebieten waren oder Kontakt zu Infizierten hatten, dürfen aber durch den Arbeitgeber nachhause geschickt werden und kann ihnen ein Betreten des Betriebs bis auf weiteres untersagt werden.

  • Was gilt für Krankmeldungen?

Der Arbeitnehmer muss sich bei einer Erkrankung unverzüglich, in jedem Fall vor Arbeitsbeginn bei seinem Arbeitgeber krankmelden. Ob er bereits am ersten Tag ein ärztliches Attest vorlegen muss, hängt von den konkreten betrieblichen Vorgaben ab. Nach § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) genügt zwar die Vorlage der Bescheinigung mit dem vierten Tag der Erkrankung, der Arbeitgeber kann allerdings eine Vorlage auch bereits eher verlangen. Um ein ärztliches Attest zu erhalten, ist jedoch regelmäßig ein Arztbesuch notwendig. Aufgrund der vollen Praxen und der Gefahr, sich hierdurch erst anzustecken, gilt hierzu eine Neuregelung: Seit dem 9.3.2020 darf aufgrund einer entsprechenden Verständigung des GKV-Spitzenverbands mit der Kassen­ärztlichen Bundesvereinigung (KBV) nunmehr bei Atemwegserkrankungen auch nach telefonischer ärztlicher Konsultation eine ärztliche Krankschreibung für die Dauer von maximal sieben Tagen ausgestellt werden, die dem Arbeitnehmer dann per Post zugeschickt wird.

Fuhlrott empfiehlt unsicheren Arbeitgebern und Arbeitnehmern zudem, bei Unklarheiten Rechtsrat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verweist.

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Prof. Dr. Michael Fuhlrott
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