Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.04.2021, AZ 17 Sa 45/20

Ausgabe: 04-2021

1. Wird ein Arbeitsnehmerstatus mittels eines Antrags nach § 256 Abs. 1 ZPO und gleichzeitig der Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses im Wege einer Kündigungsschutzklage nach § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht, ist bzw. wird der Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO regelmäßig unzulässig, wenn der Kläger keine besonderen Umstände geltend macht, die eine vergangenheitsbezogene Feststellung eines Arbeitsverhältnisses vor dem Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung rechtfertigen könnten. Zum Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage gehört ohnehin das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung.

2. Ergibt sich, dass ein zwischen den Parteien bestehendes Rechtsverhältnis infolge der Vertragsdurchführung tatsächlich ein Arbeitsverhältnis ist, kann dieses grundsätzlich nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung für den Fall angefochten werden, dass das Gericht zu der Einordnung als Arbeitsverhältnis gelangt.

3. Neben der Möglichkeit der Anfechtung nach § 123 BGB steht dem Arbeitgeber auch ein Rechtsmissbrauchseinwand gegen den den Arbeitnehmerstatus geltend machenden Arbeitnehmer nach § 242 BGB zur Seite, wenn dieser eine Sach- oder Rechtslage geschaffen hat (bspw. durch das Versprechen das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nicht geltend zu machen), auf die sich der in Anspruch genommene Arbeitgeber verlassen durfte und verlassen hat.

4. Der (mögliche) Rechtsmissbrauchseinwand steht dem Arbeitgeber jedoch nicht zeitlich unbegrenzt zu, sondern nur solange, als ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Nichtgeltendmachung des Arbeitnehmerstatus besteht. Ist ein schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten des Arbeitgebers in Wegfall geraten, kann der Arbeitnehmerstatus für die Zukunft (wieder) geltend gemacht werden.

5. Der in Anspruch genommene Arbeitgeber kann im Fall des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses dieses – außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes – ordentlich kündigen. Die Kündigung des Arbeitgebers verstößt regelmäßig nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

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