(Stuttgart) Am 17.03.2023 machte der Bundestag einen neuen Entwurf zu dem Hinweisgeberschutzgesetz.  Dieses soll Personen schützen, die in ihrem beruflichen Umfeld über verbotene Missstände hinweisen. Das Hinweisgeberschutzgesetz bedarf keiner Zustimmung des Bundesrates und kann demnach nach einer zweiten und dritten Lesung beschlossen werden, solange es keinen Einspruch vom Bundesrat gibt. 

Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Gesetz beantwortet der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.

  • Wer kann ein Hinweisgeber sein?

Der Bereich von Personen, dessen Hinweise nach dem Gesetz geschützt sind ist sehr weit gefasst. Neben Arbeitnehmern sind auch die Hinweise von Auszubildenden, Leiharbeitnehmern, Werkarbeitnehmern und Praktikanten, aber auch Lieferanten und Selbstständige geschützt.

  • Welche Hinweise unterfallen dem Hinweisgeberschutzgesetz?

Nach § 2 HinSchG fallen Hinweise unter den Schutzbereich des Gesetzes, wenn sie auf Verstöße, die straf- oder bußgeldbewehrt sind hinweisen. Bei Verstößen gegen Strafvorschriften ist ein Hinweis auf alle Verstöße gegen deutsche Strafvorschriften von dem Gesetz geschützt. Bei Verstößen gegen bußgeldbewehrte Vorschriften, besteht ein Schutz durch das Hinweisgeberschutzgesetz nur, wenn die Vorschrift dem Schutz von Leib, Leben oder der Gesundheit oder dem Schutz der Rechte von Mitarbeitenden oder ihrer Vertretungsorgane dient. Insbesondere gehören dazu Verstöße gegen den Arbeits- und Gesundheitsschutz und gegen das Mindestlohngesetz.

Hinweise auf Verstöße, die nicht straf- oder bußgeldbewehrt sind, unterliegen demnach nicht dem Schutz des Gesetzes.

  • Wie können Hinweise gemeldet werden?

Das Hinweisgeberschutzgesetzt gibt vor, dass es zwei Meldeverfahren geben muss, die dem Hinweisgeber gleichwertig gegenüberstehen. Um auf Missstände hinweisen zu können müssen Arbeitgeber, wenn dies nicht schon existiert, ein internes Meldesystem einführen. Dabei kommen insbesondere IT-gestützte Systeme in Betracht. Neben diesen internen Systemen gibt es zudem auch eine Meldestelle des Bundesamtes für Justiz. Auf dieses kann von Hinweisgebenden zurückgegriffen werden, wenn das System des Arbeitgebers oder der Dienststelle nicht vertrauenswürdig erscheint. Die freie Entscheidungsmöglichkeit von Hinweisgebern ist in solchen Fällen von besonders großer Bedeutung.

  • Wie können Hinweisgeber geschützt werden?

Besonders wichtig ist, dass Hinweisgebende bei der Meldung von Verstößen geschützt werden. Dabei ist es wichtig, dass Hinweisgebende vor jeglichen Repressalien geschützt werden, sodass es für diese Personen zu keinen beruflichen Konsequenzen kommt.

Darüber hinaus dürfen auf Hinweisgebende keine sonstigen Sanktionen oder Druckmittel, durch den Arbeitgeber oder Dritte ausgeübt werden. Darunter fallen beispielsweise Verhaltensweisen wie Mobbing, Abmahnungen, Kündigungen und Einschüchterung.

Im Falle der Ausübung von beruflichen Konsequenzen gilt dabei die Beweislastumkehr. Das heißt, dass sobald eine Repressalie gegen den Hinweisgebenden zeitlich nach der Meldung eines Verstoßes erfolgt, ist anzunehmen, dass diese aufgrund des Hinweises erfolgt ist. Arbeitgeber oder Dritte sind demnach dazu verpflichtet, diese Annahme zu widerlegen.

  • Können Hinweise anonym gemeldet werden?

Oft gibt es eine hohe Hemmschwelle bei dem Melden von Hinweisen, da oft mit Konsequenzen gerechnet wird. Demnach ist es besonders wichtig, dass es auch eine Möglichkeit gibt, auf Missstände anonym hinweisen zu können. Das Aufstellen einer Möglichkeit der anonymen Meldung ist nach § 16 HinSchG vorgeschrieben.

  • Wie müssen Meldeverfahren intern ablaufen?

Wie bereits erklärt müssen Unternehmen interne Meldestellen einrichten. Welche Anforderungen diese erfüllen müssen, wird von § 17 HinSchG vorgegeben.  Für interne Meldestellen wird vorgeschrieben, dass diese innerhalb von sieben Tagen, den Eingang des Hinweises gegenüber der hinweisgebenden Person bestätigen müssen. Dabei muss der Hinweis geprüft werden und der Hinweisgebende muss darüber informiert werden, ob der Hinweis dem Schutzbereich des HinSchG unterfällt. Mit der hinweisgebenden Person muss Kontakt aufgenommen werden, um die gemachte Meldung kurz zu prüfen. Dadurch können neben dem Erlangen von weiteren Informationen auch gleich weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Zuletzt müssen die internen Meldestellen die Hinweise innerhalb von drei Monaten überprüfen und die hinweisende Person über den Ausgang der Meldung informieren.

  • Wie kann der Vertrauensschutz von Personen gewährt werden?

An dieser Stelle ist der Vertrauensschutz der Personen, die Hinweise über Verstöße machen besonders wichtig. Um die Hemmschwelle vor Konsequenzen durch Meldungen besonders gering zu halten, ist es sehr wichtig, dass die Identität der hinweisgebenden Personen gewahrt wird und nicht an die Öffentlichkeit gelangt. Nicht geschützt wird eine hinweisgebende Person, wenn sie vorsätzlich falsche Hinweise über Verstöße von anderen Personen gibt.

Dabei darf jedoch nicht der Schutz der Person vergessen werden, gegen die sich die Meldung richtet. Welche Anforderungen an den Vertrauensschutz gemacht werden müssen und welche Ausnahmen vom Vertrauensschutz finden sich in §§ 8, 9 HinSchG wieder.

  • Welche Hinweise sind von dem Schutz ausgenommen?

Nur wenige Hinweise sind von dem Vertrauensschutz ausgenommen. Dies ist der Fall, wenn es sich um Hinweise und Informationen über nationale Sicherheit oder verteidigungs- und sicherheitsspezifische Aufträge handelt.

Daneben sind auch Hinweise ausgenommen, die verschiedene Schweigepflichten betreffen. So unterliegen beispielsweise Informationen, welche die richterlichen Beratungsgeheimnis oder ärztlichen sowie richterlichen Schweigepflicht betreffen, nicht dem Vertrauensschutz.

  • Für welche Unternehmen gilt das Gesetz?

Nach § 12 HinSchG soll das Gesetz auch auf kleinere Betrieben Anwendung finden. Betriebe, öffentliche Arbeitgeber und Finanzdienstleister ab einer Betriebsgröße von 50 Arbeitnehmer sind durch das Gesetz dazu verpflichtet, eine interne Meldestelle einzurichten.

Wie schnell diese interne Meldestelle eingerichtet werden muss, ist abhängig von der Anzahl der Arbeitnehmer. Wenn die Betriebsgröße zwischen 50 bis 249 Arbeitnehmern beträgt, ist eine interne Meldestelle bis zum 17.12.2023 einzurichten. Bei Betrieben etc. mit 250 oder mehr Arbeitnehmern, ist die Meldestelle innerhalb der nächsten drei Monate einzurichten.

  • Wer darf bei der Entwicklung des Meldesystems mitwirken?

Zwar muss der Arbeitnehmer das interne Meldesystem erstellen, die Arbeitnehmer sollen dabei aber ein genau so großes Mitwirkungsrecht haben. Die Arbeitnehmer müssen eine Entscheidungsmöglichkeit haben, wie die interne Meldestelle aussehen soll.

Die Beteiligungsrechte an der Erstellung gehen dabei von Betriebs- und Personalräten aus. So besteht das Mitwirkungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG und § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Danach können Hinweisgebersysteme nicht ohne eine vorherige Abstimmung durch die Betriebsräte eingerichtet werde. Dadurch erfolgt eine Überwachungsmöglichkeit und die Möglichkeit der Mitwirkung durch Arbeitnehmer.

Görzel empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Volker Görzel
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
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