Entgeltgleichheitsklage — Auskunft über das Vergleichsentgelt — Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts

 

Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 01.02.2021, AZ 8 AZR 488/19

Aus­gabe: 1–2021

Klagt eine Frau auf gle­ich­es Ent­gelt für gle­iche oder gle­ich­w­er­tige Arbeit (Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 Ent­g­TranspG), begrün­det der Umstand, dass ihr Ent­gelt geringer ist als das vom Arbeit­ge­ber nach §§ 10 ff. Ent­g­TranspG mit­geteilte Ver­gle­ich­sent­gelt (Medi­an-Ent­gelt) der männlichen Ver­gle­ichsper­son, regelmäßig die — vom Arbeit­ge­ber wider­leg­bare — Ver­mu­tung, dass die Benachteili­gung beim Ent­gelt wegen des Geschlechts erfol­gt ist. 

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Abteilungslei­t­erin beschäftigt. Sie erhielt im August 2018 von der Beklagten eine Auskun­ft nach §§ 10 ff. Ent­g­TranspG, aus der ua. das Ver­gle­ich­sent­gelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleit­er her­vorge­ht. Angegeben wurde dieses entsprechend den Vor­gaben von § 11 Abs. 3 Ent­g­TranspG als “auf Vol­lzeitäquiv­a­lente hochgerech­neter sta­tis­tis­ch­er Medi­an” des durch­schnit­tlichen monatlichen über­tar­i­flichen Grun­dent­gelts sowie der über­tar­i­flichen Zulage (Medi­an-Ent­gelte). Das Ver­gle­ich­sent­gelt liegt sowohl beim Grun­dent­gelt als auch bei der Zulage über dem Ent­gelt der Klägerin. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte — soweit für das Revi­sionsver­fahren von Inter­esse — auf Zahlung der Dif­ferenz zwis­chen dem ihr gezahlten Grun­dent­gelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mit­geteil­ten höheren Medi­an-Ent­gelte für die Monate August 2018 bis Jan­u­ar 2019 in Anspruch genommen. 

Das Arbeits­gericht hat der Klage stattgegeben. Das Lan­desar­beits­gericht hat das Urteil des Arbeits­gerichts auf die Beru­fung der Beklagten abgeän­dert und die Klage abgewiesen. Es hat angenom­men, es lägen schon keine aus­re­ichen­den Indizien iSv. § 22 AGG vor, die die Ver­mu­tung begrün­de­ten, dass die Klägerin die Ent­gelt­be­nachteili­gung wegen des Geschlechts erfahren habe. 

Die Revi­sion der Klägerin hat­te vor dem Acht­en Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts Erfolg. Mit der vom Lan­desar­beits­gericht gegebe­nen Begrün­dung durfte die Klage nicht abgewiesen wer­den. Aus der von der Beklagten erteil­ten Auskun­ft ergibt sich das Ver­gle­ich­sent­gelt der maßge­blichen männlichen Ver­gle­ichsper­son. Nach den Vor­gaben des Ent­g­TranspG liegt in der Angabe des Ver­gle­ich­sent­gelts als Medi­an-Ent­gelt durch einen Arbeit­ge­ber zugle­ich die Mit­teilung der maßge­blichen Ver­gle­ichsper­son, weil entwed­er ein konkreter oder ein hypo­thetis­ch­er Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Ent­gelt für gle­iche bzw. gle­ich­w­er­tige Tätigkeit erhält. Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mit­geteil­ten männlichen Ver­gle­ichsper­son eine unmit­tel­bare Benachteili­gung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 Ent­g­TranspG erfahren, denn ihr Ent­gelt war geringer als das der Ver­gle­ichsper­son gezahlte. Ent­ge­gen der Annahme des Lan­desar­beits­gerichts begrün­det dieser Umstand zugle­ich die — von der Beklagten wider­leg­bare — Ver­mu­tung, dass die Klägerin die Ent­gelt­be­nachteili­gung “wegen des Geschlechts” erfahren hat. Auf­grund der bis­lang vom Lan­desar­beits­gericht getrof­fe­nen Fest­stel­lun­gen kon­nte der Sen­at nicht entschei­den, ob die Beklagte, die insoweit die Dar­legungs- und Beweis­last trifft, diese Ver­mu­tung den Vor­gaben von § 22 AGG in union­srecht­skon­former Ausle­gung entsprechend wider­legt hat. Zugle­ich ist den Parteien Gele­gen­heit zu weit­erem Vor­brin­gen zu geben. Dies führte zur Aufhe­bung der ange­focht­e­nen Entschei­dung und zur Zurück­ver­weisung der Sache zur neuen Ver­hand­lung und Entschei­dung an das Landesarbeitsgericht.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/r…

 
 
 
 

Entgeltgleichheitsklage — Auskunft über das Vergleichsentgelt — Vermutung der Benachteiligung wegen des Geschlechts

 

Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 01.02.2021, AZ 8 AZR 488/19

Aus­gabe: 1–2021

Klagt eine Frau auf gle­ich­es Ent­gelt für gle­iche oder gle­ich­w­er­tige Arbeit (Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 Ent­g­TranspG), begrün­det der Umstand, dass ihr Ent­gelt geringer ist als das vom Arbeit­ge­ber nach §§ 10 ff. Ent­g­TranspG mit­geteilte Ver­gle­ich­sent­gelt (Medi­an-Ent­gelt) der männlichen Ver­gle­ichsper­son, regelmäßig die — vom Arbeit­ge­ber wider­leg­bare — Ver­mu­tung, dass die Benachteili­gung beim Ent­gelt wegen des Geschlechts erfol­gt ist. 

Die Klägerin ist bei der Beklagten als Abteilungslei­t­erin beschäftigt. Sie erhielt im August 2018 von der Beklagten eine Auskun­ft nach §§ 10 ff. Ent­g­TranspG, aus der ua. das Ver­gle­ich­sent­gelt der bei der Beklagten beschäftigten männlichen Abteilungsleit­er her­vorge­ht. Angegeben wurde dieses entsprechend den Vor­gaben von § 11 Abs. 3 Ent­g­TranspG als “auf Vol­lzeitäquiv­a­lente hochgerech­neter sta­tis­tis­ch­er Medi­an” des durch­schnit­tlichen monatlichen über­tar­i­flichen Grun­dent­gelts sowie der über­tar­i­flichen Zulage (Medi­an-Ent­gelte). Das Ver­gle­ich­sent­gelt liegt sowohl beim Grun­dent­gelt als auch bei der Zulage über dem Ent­gelt der Klägerin. Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Beklagte — soweit für das Revi­sionsver­fahren von Inter­esse — auf Zahlung der Dif­ferenz zwis­chen dem ihr gezahlten Grun­dent­gelt sowie der ihr gezahlten Zulage und der ihr mit­geteil­ten höheren Medi­an-Ent­gelte für die Monate August 2018 bis Jan­u­ar 2019 in Anspruch genommen. 

Das Arbeits­gericht hat der Klage stattgegeben. Das Lan­desar­beits­gericht hat das Urteil des Arbeits­gerichts auf die Beru­fung der Beklagten abgeän­dert und die Klage abgewiesen. Es hat angenom­men, es lägen schon keine aus­re­ichen­den Indizien iSv. § 22 AGG vor, die die Ver­mu­tung begrün­de­ten, dass die Klägerin die Ent­gelt­be­nachteili­gung wegen des Geschlechts erfahren habe. 

Die Revi­sion der Klägerin hat­te vor dem Acht­en Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts Erfolg. Mit der vom Lan­desar­beits­gericht gegebe­nen Begrün­dung durfte die Klage nicht abgewiesen wer­den. Aus der von der Beklagten erteil­ten Auskun­ft ergibt sich das Ver­gle­ich­sent­gelt der maßge­blichen männlichen Ver­gle­ichsper­son. Nach den Vor­gaben des Ent­g­TranspG liegt in der Angabe des Ver­gle­ich­sent­gelts als Medi­an-Ent­gelt durch einen Arbeit­ge­ber zugle­ich die Mit­teilung der maßge­blichen Ver­gle­ichsper­son, weil entwed­er ein konkreter oder ein hypo­thetis­ch­er Beschäftigter des anderen Geschlechts dieses Ent­gelt für gle­iche bzw. gle­ich­w­er­tige Tätigkeit erhält. Die Klägerin hat gegenüber der ihr von der Beklagten mit­geteil­ten männlichen Ver­gle­ichsper­son eine unmit­tel­bare Benachteili­gung iSv. § 3 Abs. 2 Satz 1 Ent­g­TranspG erfahren, denn ihr Ent­gelt war geringer als das der Ver­gle­ichsper­son gezahlte. Ent­ge­gen der Annahme des Lan­desar­beits­gerichts begrün­det dieser Umstand zugle­ich die — von der Beklagten wider­leg­bare — Ver­mu­tung, dass die Klägerin die Ent­gelt­be­nachteili­gung “wegen des Geschlechts” erfahren hat. Auf­grund der bis­lang vom Lan­desar­beits­gericht getrof­fe­nen Fest­stel­lun­gen kon­nte der Sen­at nicht entschei­den, ob die Beklagte, die insoweit die Dar­legungs- und Beweis­last trifft, diese Ver­mu­tung den Vor­gaben von § 22 AGG in union­srecht­skon­former Ausle­gung entsprechend wider­legt hat. Zugle­ich ist den Parteien Gele­gen­heit zu weit­erem Vor­brin­gen zu geben. Dies führte zur Aufhe­bung der ange­focht­e­nen Entschei­dung und zur Zurück­ver­weisung der Sache zur neuen Ver­hand­lung und Entschei­dung an das Landesarbeitsgericht.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/r…