Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 14.05.2020, AZ 6 AZR 235/19

Die Kündi­gun­gen des Kabi­nen­per­son­als der insol­ven­ten Flugge­sellschaft Air Berlin vom 27. Jan­u­ar 2018 sind wegen fehler­hafter Masse­nent­las­sungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG iVm. § 134 BGB unwirk­sam. Die Arbeitsver­hält­nisse dieser Arbeit­nehmer sind jedoch nicht auf die Luft­fahrt­ge­sellschaft Wal­ter mbh (LGW) übergegangen.

Die Klägerin war bei Air Berlin als Flug­be­glei­t­erin mit Ein­sat­zort Düs­sel­dorf beschäftigt. Ihr Arbeitsver­hält­nis wurde wegen Stil­l­le­gung des Flug­be­triebs mit Schreiben vom 27. Jan­u­ar 2018 gekündigt. Air Berlin erstat­tete wegen der zen­tralen Steuerung des Flug­be­triebs die Masse­nent­las­sungsanzeige für den angenomme­nen “Betrieb Kabine” und damit bezo­gen auf das bun­desweit beschäftigte Kabi­nen-Per­son­al bei der für den Sitz der Air Berlin zuständi­gen Agen­tur für Arbeit Berlin-Nord. Die Klägerin hat die Stil­l­le­gungsentschei­dung bestrit­ten. Der Flug­be­trieb werde durch andere Flugge­sellschaften (teil­weise) fort­ge­führt. Ihr Arbeitsver­hält­nis sei auf die LGW überge­gan­gen. Die Masse­nent­las­sungsanzeige sei fehler­haft. Die Vorin­stanzen haben die gegen den Insol­ven­zver­wal­ter gerichtete Kündi­gungss­chutzk­lage eben­so abgewiesen wie die gegen die LGW gerichtete Klage, wonach das Arbeitsver­hält­nis mit dieser fortbestehe.

Die Revi­sion der Klägerin hat­te vor dem Sech­sten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts teil­weise Erfolg. Die Kündi­gung ist unwirk­sam. Der Sen­at hat bere­its bzgl. der Kündi­gun­gen des Cock­pit-Per­son­als entsch­ieden, dass die Masse­nent­las­sungsanzeige für die der Sta­tion Düs­sel­dorf zuge­ord­neten Piloten mit den hier­auf bezo­ge­nen Angaben bei der dafür zuständi­gen Agen­tur für Arbeit in Düs­sel­dorf hätte erfol­gen müssen (vgl. BAG 13. Feb­ru­ar 2020 — 6 AZR 146/19 — Pressemit­teilung Nr. 7/20). Diese Entschei­dung hat der Sech­ste Sen­at für das Kabi­nen­per­son­al bestätigt. Darüber hin­aus ist in der Anzeige der Stand der Beratun­gen der Agen­tur für Arbeit nicht aus­re­ichend dargelegt wor­den (§ 17 Abs. 3 S. 3 KSchG).

Dage­gen haben die Vorin­stanzen die Klage zu Recht abgewiesen, soweit die Klägerin die Fest­stel­lung begehrt, ihr Arbeitsver­hält­nis sei auf die LGW überge­gan­gen. Die Voraus­set­zun­gen eines Betriebs(teil)übergangs iSv. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB liegen nicht vor. Die LGW hat zwar zum Teil das sog. Wet-Lease fort­ge­führt, das Air Berlin für eine andere Flugge­sellschaft bis Ende Dezem­ber 2017 durchge­führt hat­te. Bei Air Berlin war das Wet-Lease jedoch schon man­gels hin­re­ichen­der Zuord­nung von Arbeit­nehmern zu keinem Zeit­punkt ein Betrieb­steil, der auf einen Erwer­ber hätte überge­hen kön­nen (noch offen gelassen von BAG 27. Feb­ru­ar 2020 — 8 AZR 215/19 — Pressemit­teilung Nr. 11/20). Bis zur Ein­stel­lung des eigen­wirtschaftlichen Flug­be­triebs Ende Okto­ber 2017 fehlte es zudem an der für einen Betrieb­steil erforder­lichen geson­derten Leitung für das Wet-Lease-Geschäft.

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