Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 24.11.2021, AZ 8 AZR 96/20

Aus­gabe: 10/11–2021

Die Parteien stre­it­en darüber, ob die monatlich von der Beklagten auf­grund ein­er mit der Stre­itverkün­de­ten vere­in­barten Ent­gel­tumwand­lung zu zahlende Ver­sicherung­sprämie in eine von der Beklagten zugun­sten der Stre­itverkün­de­ten abgeschlossene Lebensver­sicherung (Direk­tver­sicherung) zum pfänd­baren Einkom­men der Stre­itverkün­de­ten iSv. § 850 Abs. 2 ZPO gehören.

Der Kläger ist der geschiedene Ehe­mann der Stre­itverkün­de­ten. Die Beklagte ist deren Arbeit­ge­berin. Im Rah­men der Schei­dung des Klägers und der Stre­itverkün­de­ten war es zu ein­er Vere­in­barung über die Aufteilung von Schulden aus einem laufend­en Bauprozess gekom­men. In diesem Zusam­men­hang wurde die Stre­itverkün­dete im Wege eines fam­i­lien­gerichtlichen Ver­säum­nis­beschlusses zur Zahlung von 22.679,60 Euro neb­st Zin­sen an den Kläger verpflichtet. Auf­grund dieses Ver­säum­nis­beschlusses erwirk­te der Kläger einen Pfän­dungs- und Über­weisungs­beschluss über das gegen­wär­tige und zukün­ftige Arbeit­seinkom­men der Stre­itverkün­de­ten. Der Pfän­dungs- und Über­weisungs­beschluss wurde der Beklagten im Novem­ber 2015 zugestellt. Im Mai 2016 schlossen die Stre­itverkün­dete und die Beklagte eine Ent­gel­tumwand­lungsvere­in­barung. Diese hat­te eine betriebliche Altersver­sorgung im Wege ein­er Direk­tver­sicherung zum Gegen­stand. Nach dem Ver­sicherungsver­trag ist Ver­sicherungsnehmerin die Beklagte, Begün­stigte ist die Stre­itverkün­dete. Der von der Beklagten monatlich in die Direk­tver­sicherung einzuzahlende Beitrag beträgt 248,00 Euro. In der Fol­gezeit leis­tete die Beklagte auf­grund des Pfän­dungs- und Über­weisungs­beschlusses Zahlun­gen an den Kläger, wobei sie bei der Ermit­tlung des pfänd­baren Einkom­mens der Stre­itverkün­de­ten den monatlichen Ver­sicherungs­beitrag iHv. 248,00 Euro unberück­sichtigt ließ.

Mit sein­er Klage begehrt der Kläger von der Beklagten höhere Zahlun­gen. Er hat die Auf­fas­sung vertreten, dass die Ent­gel­tumwand­lung das pfänd­bare Einkom­men der Stre­itverkün­de­ten nicht reduziere. Diese habe mit der Zustel­lung des Pfän­dungs- und Über­weisungs­beschlusses die Ver­w­er­tungszuständigkeit über ihre Forderung ver­loren. Im Übri­gen gelte der Rechts­gedanke des § 850h ZPO.

Das Arbeits­gericht hat die Klage abgewiesen. Das Lan­desar­beits­gericht hat ihr teil­weise stattgegeben. Mit der Revi­sion begehrt die Beklagte die voll­ständi­ge Abweisung der Klage.

Die Revi­sion der Beklagten war vor dem Acht­en Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts erfolgreich. 

Vere­in­baren die Arbeitsver­tragsparteien, dass der Arbeit­ge­ber für den/die Arbeit-nehmer/in eine Direk­tver­sicherung abschließt und ein Teil der kün­fti­gen Ent­geltansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeit­nehmerin durch Ent­gel­tumwand­lung für seine/ihre betriebliche Altersver­sorgung ver­wen­det wer­den, liegt insoweit grund­sät­zlich kein pfänd­bares Einkom­men iSv. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor. Daran ändert der Umstand, dass die Ent­gel­tumwand­lungsvere­in­barung erst nach Zustel­lung des Pfän­dungs- und Über­weisungs­beschlusses getrof­fen wurde, jeden­falls vor­liegend deshalb nichts, weil die Stre­itverkün­dete mit der mit der Beklagten getrof­fe­nen Ent­gel­tumwand­lungsvere­in­barung von ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG* auf betriebliche Altersver­sorgung durch Ent­gel­tumwand­lung Gebrauch gemacht hat und der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorge­se­hene Betrag nicht über­schrit­ten wurde. Bei ein­er an § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG ori­en­tierten nor­ma­tiv­en Betra­ch­tung stellt die von der Stre­itverkün­de­ten mit der Beklagten getrof­fene Ent­gel­tumwand­lungsvere­in­barung keine den Kläger als Gläu­biger benachteili­gende Ver­fü­gung iSv. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar. In einem solchen Fall schei­det zudem ein Rück­griff auf § 850h ZPO aus. Ob eine andere Bew­er­tung dann geboten ist, wenn – anders als hier – ein höher­er Betrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorge­se­hene umge­wan­delt wird, musste der Sen­at nicht entscheiden.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/pfae…