Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2020, AZ 21 Sa 102/19

Ausgabe: 11-2020

1. Wird eine Restitutionsklage auf das Auffinden oder Nutzenkönnen einer Urkunde gestützt, ist sie unzulässig, wenn die Inhalte, die mit der Urkunde bewiesen werden sollen, von deren Beweiskraft nicht erfasst sind und deshalb insoweit keine Urkunde im Sinnes des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO vorliegt.

2. Auf den Inhalt eines privaten Sachverständigengutachtens kann eine Restitutionsklage nicht zulässigerweise gestützt werden. Ein privates Sachverständigengutachten hat keine Beweiskraft hinsichtlich seines Inhalts, sondern ist nur qualifizierter Sachvortrag des Restitutionsklägers. Es bildet somit keine Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO.

3. Eine Urkunde im Sinne des § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO muss grundsätzlich zu einem Zeitpunkt errichtet worden sein, in dem sie in dem früheren Verfahren noch hätte geltend gemacht werden können. Soweit für Urkunden, beispielsweise für nachträglich errichtete Personenstandsurkunden, Ausnahmen gelten, handelt es sich um solche Urkunden, die ihrer Natur nach nicht in zeitlichem Zusammenhang mit den durch sie bezeugten Tatsachen errichtet werden können und die deshalb, wenn sie – später – errichtet werden, notwendig Tatsachen beweisen, die einer zurückliegenden Zeit angehören (Anschluss an BAG 29. September 2011 – 2 AZR 674/10). Eine solche Ausnahmekonstellation liegt bei einem nachträglich erstellten privaten Sachverständigengutachten nicht vor.

4. Die Verletzung rechtlichen Gehörs stellt keinen Restitutionsgrund im Sinne des § 580 ZPO dar.

5. Ob dem von einer Verdachtskündigung betroffenen Arbeitnehmer ohne Verstoß gegen Art. 6 Abs. 2 EMRK ausreichend ermöglicht wurde, sich von dem Verdacht zu entlasten, ist – abgesehen vom Fall des § 580 Nr. 8 ZPO – keine Frage der Zulässigkeit, sondern gegebenenfalls der Begründetheit der Restitutionsklage.

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