Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 02.06.2023, AZ 12 Sa 56/22

Ausgabe: 05-2023

1. Weder den Betriebspartnern noch den Arbeitsvertragsparteien steht eine Regelungsbefugnis zu, ein von den allgemeinen Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchseinwands (§ 242 BGB) abweichendes – weitergehendes – Recht des Arbeitgebers, sich bei schädigendem Verhalten eines Arbeitnehmers von einer zugesagten Altersversorgung zu lösen, zu regeln (offengelassen, ob die Tarifvertragsparteien eine derartige Regelungsbefugnis haben).

2. Die inhaltsgleiche Überführung einer als deklaratorische Verweisung auf die allgemeinen Voraussetzungen des Rechtsmissbrauchseinwands auszulegenden Klausel aus einer (Gesamt-)Betriebsvereinbarung in ein tarifliches Regelungswerk führt ohne besondere Anhaltspunkte nicht dazu, dass die Klausel nunmehr eine weitergehende, konstitutive Wirkung hat.

3. Stützt sich der Arbeitgeber auf die Verursachung eines Vermögensschadens durch den Arbeitnehmer, ist das Versorgungsverlangen des Arbeitnehmers nur dann rechtsmissbräuchlich, wenn entweder der Arbeitnehmer die Unverfallbarkeit seiner Versorgungsanwartschaft durch Vertuschung seiner schweren Verfehlungen erschlichen hat oder er seine Pflichten in grober Weise verletzt und dem Arbeitgeber hierdurch einen existenzgefährdenden Schaden zugefügt hat.

4. Ein Erlassvertrag des Arbeitgebers mit einem Dritten zugunsten des Arbeitnehmers ist zwar nicht möglich, weil verfügende Verträge zugunsten Dritter unzulässig sind. Eine derartige Abrede ist indes regelmäßig als schuldrechtliches pactum de non petendo zugunsten des Arbeitnehmers auszulegen. Eine Aufrechnung des Arbeitgebers mit einer derart “erlassenen” Forderung scheitert dann an § 390 BGB.

5. Analog § 538 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ZPO kann das Berufungsgericht die Sache, soweit ihre weitere Verhandlung erforderlich ist, an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn das erstinstanzliche Gericht eine Stufenklage insgesamt abgewiesen hat, das Berufungsgericht hingegen dem Auskunftsanspruch stattgibt (offengelassen, ob es hierfür eines Antrags bedarf).

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