Arbeits­gericht Stuttgart, Beschluss vom 24.05.2022, AZ 4 Ca 6736/21

Aus­gabe: 05–2022

1. Tar­i­fliche Auss­chlussfris­ten sind nicht deshalb gemäß § 202 Abs. 1 BGB iVm. § 134 BGB auf jegliche Ansprüche unan­wend­bar, weil die Tar­ifnorm Ansprüche aus Haf­tung wegen Vor­satzes nicht aus­drück­lich aus ihrem Tatbe­stand her­aus­nimmt und die tar­ifver­tragliche Vorschrift lediglich kraft arbeitsver­traglich­er Inbezug­nahme Anwen­dung find­et (ent­ge­gen LAG Baden-Würt­tem­berg 31. Mai 2021 – 10 Sa 73/20 – Rn. 94 ff). Vielmehr beschränkt sich der Unwirk­samkeits­be­fehl aus § 202 Abs. 1 BGB iVm. § 134 BGB auf die Fälle ein­er Haf­tung wegen Vorsatzes.

2. Jen­seits dieser Vor­satzfälle kann sich die (Un-)Anwendbarkeit der Ver­fall­fris­ten auf nachge­lagert­er Ebene aus AGB-rechtlichen Vorschriften ergeben, sofern das AGB-Recht Anwen­dung find­et. Auf dieser Ebene gel­ten sowohl das Ver­bot gel­tungser­hal­tender Reduk­tion als auch das Prinzip der per­son­alen Teilunwirksamkeit. 

3. Gemäß der Bere­ich­saus­nahme in § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB find­en bei arbeitsver­traglich­er Ver­weisung auf Tar­ifverträge die §§ 305 ff BGB keine Anwen­dung, sofern eine Glob­alver­weisung auf alle tar­i­flichen Vorschriften und nicht lediglich eine Teil­ver­weisung auf bes­timmte Regelungs­ge­gen­stände erfolgt.

4. Es ist zweifel­haft, ob bei ein­er Glob­alver­weisung auf nicht in jed­er Hin­sicht ein­schlägige Tar­ifverträge § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB tat­säch­lich generell unan­wend­bar ist (im vor­liegen­den Fall offengelassen).

5. Die Tar­ifver­tragsparteien im Bere­ich der Met­all- und Elek­troin­dus­trie Baden-Würt­tem­berg im Tar­ifge­bi­et Nordwürttemberg/Nordbaden haben auf eine fach­liche Beschränkung der Tar­ifgel­tung verzichtet, indem sie auf alle Mit­glied­sun­ternehmen des tar­if­schließen­den Arbeit­ge­berver­ban­des abgestellt haben.

6. Im Rah­men ein­er Ein­grup­pierungsstre­it­igkeit obliegt dem Arbeit­nehmer auch dann die volle Dar­legungslast für die begehrte Ein­grup­pierung, wenn es der Arbeit­ge­ber trotz dahinge­hen­der Verpflich­tung unter­lassen hat, die ERA-Tar­ifverträge bezo­gen auf das Arbeitsver­hält­nis einzuführen.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprec…