Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 03.04.2023, AZ 4 AZR 68/22

Aus­gabe: 03–2023

In einem Haus­tar­ifver­trag kann eine Ent­gel­ter­höhung für den Fall vere­in­bart wer­den, dass die Arbeit­ge­berin konkret beze­ich­nete Sanierungs­maß­nah­men nicht bis zu einem bes­timmten Datum durch­führt. Die tar­i­fliche Ent­gel­ter­höhung ste­ht unter ein­er auf­schieben­den Bedin­gung iSd. § 158 Abs. 1 BGB, ohne dass es sich zugle­ich um eine Ver­tragsstrafenabrede iSd. §§ 339 ff. BGB handelt.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit 2011 beschäftigt. Diese schloss mit der IG Met­all im Jahr 2018 einen Haus­tar­ifver­trag, der eine Erhöhung der Ent­gelte in zwei Schrit­ten (April 2018 und Mai 2019) um ins­ge­samt 4,0 vH vor­sah. Darüber hin­aus war unter „betriebliche The­men“ vere­in­bart, dass die Beklagte bis zum 31. Dezem­ber 2018 Betrieb­svere­in­barun­gen zu bes­timmten The­men schließt und dazu erforder­liche Bau­maß­nah­men durch­führt. Weit­er­hin soll­ten bis zum 30. Juni 2019 san­itäre Ein­rich­tun­gen grund­saniert wer­den. Anderen­falls „erfol­gt zum 1. Juli 2019 eine weit­ere Erhöhung der Ent­gelte um 0,5 vH“. Nach­dem die Sanierung am 30. Juni 2019 nicht voll­ständig abgeschlossen war, hat der Kläger für die nach­fol­gende Zeit die entsprechende Ent­gel­ter­höhung mit einem Zahlungs- und einem Fest­stel­lungsantrag gel­tend gemacht. Die Beklagte hat die Auf­fas­sung vertreten, die Regelung enthalte die Vere­in­barung ein­er Ver­tragsstrafe, die unwirk­sam, jeden­falls aber nach § 343 BGB oder § 242 BGB her­abzuset­zen sei. Das Arbeits­gericht hat die Klage abgewiesen, das Lan­desar­beits­gericht dem Kläger ein um 0,1 vH höheres Ent­gelt zugesprochen.

Die Revi­sion des Klägers hat­te vor dem Vierten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts Erfolg, während die Anschlussre­vi­sion der Beklagten weit­ge­hend unbe­grün­det war. Die Bedin­gung für die Ent­gel­ter­höhung iSd. § 158 Abs. 1 BGB ist auf­grund der unvoll­ständi­gen Durch­führung der vere­in­barten Sanierungs­maß­nah­men einge­treten. Bei der tar­ifver­traglichen Regelung han­delt es sich nicht um eine Ver­tragsstrafe iSd. §§ 339 ff. BGB. Die Ent­gel­ter­höhung bet­rifft die Aus­gestal­tung der Hauptleis­tungspflicht­en der tar­ifge­bun­de­nen Arbeitsver­hält­nisse und dient daher anderen Zweck­en als eine Ver­tragsstrafe. Man­gels Anwend­barkeit der geset­zlichen Regelun­gen zur Ver­tragsstrafe kam eine Her­ab­set­zung der Ent­gel­ter­höhung nach § 343 BGB nicht in Betra­cht. Eben­so schied eine solche auf Grund­lage von § 242 BGB aus. Dem Zahlungsantrag war daher stattzugeben. Hin­sichtlich des Fest­stel­lungsantrags war der Rechtsstre­it aus prozes­sualen Grün­den an das Lan­desar­beits­gericht zurückzuverweisen.

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