(Stuttgart) Ein befris­tetes Anstel­lungsver­hält­nis darf ohne Vor­liegen eines Sach­grun­des jet­zt auch dann abgeschlossen wer­den, wenn der Arbeit­nehmer in der Ver­gan­gen­heit schon ein­mal für das Unternehmen tätig war; diese Vorbeschäf­ti­gung muss nur länger als drei Jahre zurückliegen.

Mit dieser sen­sa­tionellen Recht­sprechungsän­derung, so der Münch­n­er Fachan­walt für Arbeit­srecht Christoph J. Hauptvo­gel aus der Kan­zlei Graf von West­phalen, Vizepräsi­dent des VdAA  — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart,  hat das Bun­de­sar­beits­gericht (BAG) am 6. April 2011 Fach­welt und Per­son­al­abteilun­gen über­rascht (Az.: 7 AZR 716 / 09). 

§ 14 des Teilzeit- und Befris­tungs­ge­set­zes (TzBfG) regelt die Zuläs­sigkeit des Abschlusses befris­teter Arbeitsverträge. In dieser Norm wird zwis­chen Befris­tun­gen mit Sach­grund und sog. sach­grund­losen Befris­tun­gen unter­schieden. Let­ztere sind nach der geset­zlichen Regelung nur bis zur Dauer von zwei Jahren zuläs­sig, wobei inner­halb dieses Zeitraums bis zu dreimal ver­längert wer­den kann. Unzuläs­sig ist eine Befris­tung aber immer dann, wenn „mit dem­sel­ben Arbeit­ge­ber bere­its zuvor ein befris­tetes oder unbe­fris­tetes Arbeitsver­hält­nis bestanden hat“. 

Schon als das TzBfG in Kraft getreten ist, war kri­tisiert wor­den, dass diese Regelung zur Folge habe, dass jede Vorbeschäf­ti­gung, und sei sie auch noch so lange her, den Abschluss eines weit­eren sach­grund­los befris­teten Ver­trages auss­chließe. Anders aus­ge­drückt: Mit einem Stu­den­ten, der im Alter von 25 Jahren zwei Monate lang für ein Unternehmen tätig war, darf auch 30 Jahre später in diesem Unternehmen kein sach­grund­los befris­tetes Arbeitsver­hält­nis mehr begrün­det wer­den. So absurd das klin­gen mag, genau so war es bis­lang vom BAG und in der arbeit­srechtlichen Lit­er­atur vertreten wor­den. Noch in der am 10. März 2011 erschiene­nen Aus­gabe der „Neuen Zeitschrift für Arbeit­srecht“ ist es so nachzulesen. 

Am 6. April 2011 hat der 7. Sen­at des BAG nun mit dieser Recht­sprechung Schluss gemacht, betont Hauptvogel. 

Obwohl die Urteils­be­grün­dung noch nicht vor­liegt, ist schon der Pressemit­teilung ein­deutig zu ent­nehmen, dass das BAG den Abschluss sach­grund­los befris­teter Anstel­lungsverträge jet­zt auch dann erlaubt, wenn mit dem­sel­ben Arbeit­ge­ber schon ein­mal — allerd­ings vor mehr als drei Jahren — ein Anstel­lungsver­hält­nis bestanden hat. 

Begrün­det wird dies damit, dass es Sinn und Zweck des Vorbeschäf­ti­gungsver­botes sei, sog. Ket­ten­be­fris­tun­gen zu ver­hin­dern, durch die die Möglichkeit des Abschlusses befris­teter Arbeitsverträge miss­braucht werde. Liege jedoch eine Vorbeschäf­ti­gung schon länger zurück, dann könne keine Ket­ten­be­fris­tung mehr vor­liegen, so dass das Vorbeschäf­ti­gungsver­bot seinen Zweck nicht mehr erfüllen könne. Das Ver­bot werde vielmehr zum Ein­stel­lung­shin­der­nis. Dieses Hin­der­nis hat das BAG jet­zt beseit­igt. Ent­ge­gen dem klaren Geset­zeswort­laut wird dies durch eine „ver­fas­sungskon­forme Ausle­gung“ von § 14 Abs. 2 TzBfG erre­icht. Die Frist von drei Jahren ent­nimmt das BAG dem Ver­jährungsrecht des BGB, denn dieser Zeitraum entspricht der Dauer der regelmäßi­gen Verjährungsfrist. 

Man mag sich fra­gen, warum das BAG erst jet­zt auf die oben beschriebene, an und für sich nahe liegende Erken­nt­nis gekom­men ist. Man mag sich auch fra­gen, ob das Urteil aus dem Geset­zeswort­laut her­aus dog­ma­tisch über­haupt begründ­bar ist. In jedem Fall erle­ichtert es aber Arbeit­ge­bern den Abschluss sach­grund­los befris­teter Arbeitsver­hält­nisse enorm. Unternehmen müssen jet­zt bei der Prü­fung ein­er Vorbeschäf­ti­gung „nur“ noch die let­zten drei Jahre betra­cht­en und nicht mehr in Keller­ar­chive gehen, um his­torische Per­son­alak­ten zu wälzen. 

Recht­san­walt Hauptvo­gel emp­fahl, das Urteil zu beacht­en sowie in Zweifels­fällen um Recht­srat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – ver­wies. Die Beobach­tung und kri­tis­che Begleitung aktueller und prax­is­rel­e­van­ter Recht­sen­twick­lun­gen im Arbeit­srecht bildet einen der Arbeitss­chw­er­punk­te des Verbandes. 

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Christoph J. Hauptvo­gel*
Recht­san­walt, Fachan­walt für Arbeit­srecht
Graf von West­phalen
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* Der Autor ist Vizepräsi­dent des VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V.