(Stuttgart) Das Arbeits­gericht Frank­furt am Main hat am 11.09.2013 über vier Kündi­gungss­chutzk­la­gen von Mitar­beit­ern der Deutsche Bank AG entsch­ieden und den Kla­gen gegen die Kündi­gun­gen in allen Fällen stattgegeben.

Gegen­stand der Ver­fahren sind Kündi­gun­gen, die die Deutsche Bank AG im Feb­ru­ar 2013 im Zusam­men­hang mit dem soge­nan­nten Libor/Euribor Skan­dal aus­ge­sprochen hat. Das Gericht hält die außeror­dentlichen Kündi­gun­gen eben­so für unwirk­sam wie die hil­f­sweise aus­ge­sproch­enen ordentlichen Kündi­gun­gen. Es hat die Deutsche Bank AG zur Weit­erbeschäf­ti­gung der Mitar­beit­er und zur Nachzahlung der Gehäl­ter verurteilt.

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Arbeits­gerichts (ArbG) Frank­furt am Main vom 11.09.2013 zu seinen Urteilen vom sel­ben Tage, Az. 9 Ca 1551/13 u. a.

Die gekündigten Mitar­beit­er sind bei der Deutsche Bank AG als Man­ag­ing Direc­tor, Direc­tor bzw. Vice Pres­i­dent in dem Bere­ich Glob­al Mar­kets einge­set­zt. Ihre Auf­gabe war es unter anderem, bei der Deutsche Bank AG die Euribor/Libor Ref­erenzzinssätze zu ermit­teln und an die für die Fest­stel­lung des jew­eili­gen Ref­erenzzinssatzes zuständi­ge Berech­nungsstelle zu übermitteln.

Die Deutsche Bank AG stützt die Kündi­gun­gen auf den Vor­wurf eines unzuläs­si­gen Kom­mu­nika­tionsver­hal­tens der kla­gen­den Arbeit­nehmer gegenüber den Derivate­händlern der Deutsche Bank AG. Dabei hät­ten sie zumin­d­est den Anschein erweckt, bere­it zu sein, deriv­a­tive Han­del­spo­si­tio­nen von Händlern der Deutsche Bank AG bei der Fes­tle­gung des Euribor/Libor Zinssatzes zu berück­sichti­gen. Aus Sicht des Kred­itin­sti­tuts begrün­det dies den Ver­dacht, die gekündigten Mitar­beit­er hät­ten ihre Posi­tion aus­genutzt, um durch die Teil­nahme am Prozess zur Ermit­tlung der Ref­erenzzinssätze einen Prof­it der Händler zu ermöglichen.

Das Gericht hält die Kündi­gun­gen für unver­hält­nis­mäßig und daher unwirk­sam. Zwar kann grund­sät­zlich eine unzuläs­sige Absprache zwis­chen Ermittlern/Übermittlern der Euribor/Libor Ref­erenzzinssätze und Händlern einen wichti­gen Kündi­gungs­grund für den Ausspruch ein­er außeror­dentlichen Kündi­gung darstellen. Auch beste­hen aus Sicht des Gerichts Anhalt­spunk­te dafür, dass die kla­gen­den Arbeit­nehmer in unzuläs­siger Weise mit Händlern kom­mu­niziert und vorgegeben haben, deren Präferen­zen bei der Ermit­tlung des Euribor/Libor Ref­erenzzinssatzes zu berück­sichti­gen. Es kann dabei offen bleiben, ob die Deutsche Bank AG – wie von den kla­gen­den Arbeit­nehmern behauptet – der­ar­tige Kom­mu­nika­tio­nen kan­nte, duldete oder gar förderte. Denn jeden­falls sind die Kündi­gun­gen unter Berück­sich­ti­gung der konkreten Umstände des Einzelfall­es und unter Abwä­gung der Inter­essen bei­der Ver­trag­steile rechtsunwirksam.

Für entschei­dend hält das Gericht, dass bei der Deutsche Bank AG zu der Zeit, in der die stre­it­ge­gen­ständlichen Kom­mu­nika­tio­nen stat­tfan­den, wed­er klare Reg­u­lar­ien imple­men­tiert waren, noch Kon­trollen erfol­gten, um eine strik­te Tren­nung zwis­chen den Ermittlern/Übermittlern des Ref­erenzzinssatzes und den Derivate­händlern zu gewährleis­ten. Das Gericht geht in sein­er Urteils­be­grün­dung davon aus, dass die Deutsche Bank AG selb­st durch ihre interne Organ­i­sa­tion und ins­beson­dere durch eine zum Teil gegebene Per­so­n­eniden­tität von Derivate­händlern und Ermittlern/Übermittlern des Ref­erenzzin­satzes einen erhe­blichen Inter­essenkon­flikt her­beige­führt hat. Wenn die Deutsche Bank AG als Arbeit­ge­berin ein­er­seits die Pro­duk­tver­ant­wor­tung für Derivate und die Ermittlung/Übermittlung der Ref­erenzzinssatzmel­dun­gen zum Teil in ein­er Per­son vere­int, kann sie nicht ander­er­seits den gekündigten Mitar­beit­ern als Ermittlern/Übermittlern der Ref­erenzzinssätze die Kom­mu­nika­tion mit den Derivate­händlern vor­w­er­fen. Vor diesem Hin­ter­grund hätte es nach Ansicht des Gerichts vor Ausspruch der Kündi­gun­gen zumin­d­est ein­er vorheri­gen Abmah­nung bedurft, da durch die interne Organ­i­sa­tion der Bank für die kla­gen­den Arbeit­nehmer nicht erkennbar war, dass eine Hin­nahme der Kom­mu­nika­tion durch die Deutsche Bank AG offen­sichtlich aus­geschlossen war.

Gegen die Urteile ist das Rechtsmit­tel der Beru­fung zum Hes­sis­chen Lan­desar­beits­gericht möglich.

Henn emp­fahl, die Entschei­dung zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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