(Stuttgart) Ein Kläger, der durch rd. 80 Diskriminierungsklagen den Eindruck erweckt, sich damit nicht subjektiv ernsthaft um eine Stelle beworben, sondern §15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG als Einnahmequelle entdeckt zu haben, missbraucht damit den vom Gesetzgeber gesetzten Zweck des Gesetzes und verliert seinen Anspruch auf Entschädigung.

Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hinweis auf ein am 11.03.2009 veröffentlichtes Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (LAG AZ.: 4 Sa 346/08)

In dem Fall begehrte der Kläger von einem VW- und Audi-Händler Schadenersatz wegen behaupteter Altersdiskriminierung. Dieser veröffentlichte eine Stellenanzeige, mit der er für den Vertrieb von Nutzfahrzeugen und Freizeitmobilen jemand suchte. In der Anzeige hieß es u.a.: „… suchen wir Sie. Sie sind jung, dynamisch? Sie denken an eine Veränderung und suchen eine Herausforderung, zur Spitze im Automarkt aufzusteigen? Sie fühlen sich angesprochen? Dann sollten wir uns unbedingt kennenlernen. Auch branchenfremde Bewerber sind uns herzlich willkommen.” Der 1965 geborene Kläger bewarb sich auf dieses Inserat und führte im Bewerbungsschreiben aus, er sei durch seine langjährige Berufserfahrung im Bereich Handel und Dienstleistung sowie seine Flexibilität und Teamfähigkeit sicher in der Lage, den Arbeitsplatz zur Zufriedenheit der Arbeitgeberin zu besetzen. Da er arbeitssuchend sei, stehe er jederzeit zur Verfügung.

Mit Schreiben vom 21.09.2007 teilte der VW- Händler dem Kläger mit, er könne es sich aufgrund der vielen Bewerber erlauben, das Anforderungsprofil enger zu definieren. Nach Auswertung aller Fakten habe er sich inzwischen für Bewerber entschieden, die bereits ausreichende Erfahrungen mit der Marke Volkswagen Nutzfahrzeuge gesammelt hätten.

Der Kläger teilte dem VW-Händler daraufhin mit, er gehe davon aus, dass die Absage aufgrund seines Alters erfolgt sei, da die Beklagte durch die Formulierung in der Stellenanzeige bereits ältere Bewerber im Voraus ausgeschlossen habe. Darin liege ein Verstoß gegen § 7 bzw. § 11 AGG. Er sei deshalb schadenersatzpflichtig und forderte durch Schadensersatz von  99.875,95 EUR. Im Güte-Termin hatte der Kläger die Klage sodann  größtenteils zurückgenommen und beantragt, den VW-Händler zu verurteilen, an ihn einen im Ermessen des Gerichts stehenden Schadenersatz zu zahlen, der jedoch mindestens 7.500,– EUR betragen solle.

Das Arbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers wurde nun vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zurückgewiesen, so Klarmann.

Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG könne nur derjenige Bewerber geltend machen, der objektiv überhaupt für die in Aussicht gestellte Stelle in Betracht komme und sich subjektiv ernsthaft beworben habe. Eine „Scheinbewerbung” zum Zwecke der Erlangung eines Entschädigungsanspruches scheide aus. Der Kläger, der nach eigenem Bekunden 80 Diskriminierungsklagen insgesamt angestrebt hat, habe aufgrund dieser Anzahl den Eindruck erweckt, er habe §15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG für sich als eine Einnahmequelle entdeckt. Damit werde dem Kläger jedoch nicht das Recht abgesprochen, grundsätzlich die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG geltend zu machen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund, weil er sich ganz überwiegend auch auf diskriminierungsfreie Stellen beworben haben will.

Entscheidend sei aber, dass jeweils im Einzelfall eine Betrachtung und Prüfung der subjektiven Ernsthaftigkeit der Bewerbung vorgenommen werden müsse. Das Berufungsgericht sei davon überzeugt, dass der Kläger sich auf die hier streitgegenständliche Bewerbung nicht subjektiv ernsthaft beworben habe, sondern dass es ihm darum ging, mit seiner Bewerbung Schadenersatz oder Entschädigung möglichst im außergerichtlichen oder gerichtlichen Vergleich zu erreichen. Aufgrund der gesamten Umstände ging es ihm in diesem Fall nur um die Erzielung weiterer Einkünfte auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 und 2 AGG. Damit werde der Kläger dem Sinn und Zweck des Gesetzes jedoch nicht gerecht und missbrauche den vom Gesetzgeber gesetzten Zweck des § 15 Abs. 2 AGG, nämlich die Sanktion der durch die Benachteiligung erfolgten Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Wer so wenig konkret in außergerichtlichen Anspruchsschreiben und in der Klage sich mit dem individuellen Sachverhalt und mit seiner konkreten Beeinträchtigung auseinandersetze, der mache deutlich, dass die vermeintliche Verletzung von Persönlichkeitsrechten von ihm nur vordergründig dazu genutzt wird, um finanzielle Ansprüche durchzusetzen. Das Urteil ist rechtkräftig

Klarmann empfahl, dieses Urteil  zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.   

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