(Stuttgart) Wenn ein Bewerber, der Entschädigungsansprüche wegen einer  geschlechtsdiskriminierenden Stellenausschreibung geltend gemacht hat, die Einladung zur Teilnahme an einem Vorstellungsgespräch ausschlägt, ohne dass es dafür nachvollziehbare Gründe gibt, stellt dies ein hinreichendes Indiz dafür dar, dass seine Bewerbung nicht ernsthaft gemeint war. Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche gemäß § 15 AGG kommen dann nicht in Betracht.

Dies, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, sei der Tenor eines Beschlusses  des Landesarbeitsgericht Hamburg vom 19.11.2008, AZ.: 3 Ta 19/08).

Der Kläger machte in dem Fall mit der Klage einen Entschädigungsanspruch wegen behaupteter geschlechtsdiskriminierender Benachteiligung bei einer Bewerbung geltend und begehrte  hierfür Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten. Er bewarb sich 2007 auf eine Stellenanzeige der Beklagten im Hamburger Abendblatt vom 27./28. Oktober 2007, mit der eine „Bürokauffrau o.ä.” gesucht wurde. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie habe sich für einen anderen Bewerber entschieden. Daraufhin machte der Kläger gegenüber der Beklagten geltend, diese habe seine Bewerbung in diskriminierender Weise zurückgewiesen; zugleich wies er darauf hin, dass die Höhe des vorgesehenen Schadensersatzes auf drei Bruttomonatsgehälter begrenzt sei, sofern der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre, anderenfalls gelte diese Obergrenze nicht.

In Beantwortung dieses Schreibens wandten sich die nunmehrigen Prozessbevollmächtigten der Beklagten an den Kläger und teilten ihm mit, seine Bewerbung sei nicht aus diskriminierenden bzw. geschlechtsspezifischen Gründen erfolglos geblieben, vielmehr aus betriebsinternen Umständen im Zusammenhang mit einer Umstrukturierung und dem Umzug des Geschäftsbetriebes der Beklagten; nunmehr bestehe wieder Vakanz, so dass der Kläger zu einem Vorstellungsgespräch bei der Beklagten am 16. Januar 2008 um 10 Uhr eingeladen werde. Hierauf ließ der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 8. Januar 2008 erwidern, nach der diskriminierenden Ablehnung seiner Bewerbung sei ihm eine Tätigkeit im Unternehmen der Beklagten nicht zumutbar.

Das Arbeitsgericht wies den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten wegen Fehlens einer hinreichenden Erfolgsaussicht zurück. Gegen diesen Beschluss richtete sich die sofortige Beschwerde des Klägers, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Diese hatte jedoch nun auch vor dem Landesarbeitsgericht keinen Erfolg, so betont Henn.

Die Rechtsverfolgung des Klägers biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheine darüber hinaus offensichtlich mutwillig, so die Richter. In einem  Stellenbesetzungsverfahren könne nur benachteiligt werden, wer objektiv für die zu besetzende Stelle überhaupt in Betracht komme und sich auch subjektiv ernsthaft beworben habe. Dies setze zunächst den inneren Willen voraus, auch ein Beschäftigungsverhältnis einzugehen. Darüber hinaus müsse dieser Wille auch nach außen auch sichtbar zum Ausdruck kommen.

Dass es daran fehle, ergebe sich schon aus dem Umstand, dass der Kläger der Aufforderung der Beklagten nicht Folge geleistet habe, sich zu einem Vorstellungsgespräch einzufinden. Wer sich ernsthaft um einen Arbeitsplatz bewerbe, werde jede Gelegenheit nutzen, um sich und seine Fähigkeiten dem potentiellen künftigen Arbeitgeber vorzustellen und damit seine Einstellungschancen zu erhöhen. Es sei allgemein bekannt, dass in der Regel längst nicht sämtliche Stellenbewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Umso mehr Anlass bestehe daher, die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch anzunehmen, denn diese verdeutliche, dass die Bewerbung in die engere Wahl gezogen wurde. Der Kläger habe dagegen die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bei der Beklagten ausgeschlagen. Nachvollziehbare Gründe hierfür habe er nicht vorgetragen.

Danach konnte der Kläger mangels ernsthafter Bewerbungsabsicht auch nicht diskriminiert werden, so dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt hätte und die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht vollständig erfüllt waren.

Henn empfahl, das Urteil zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.   

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