(Stuttgart) Nach ein­er Entschei­dung des Hes­sis­chen Lan­desar­beits­gerichts kann ein Arbeit­ge­ber verpflichtet sein, einem Mitar­beit­er kosten­frei einen Park­platz zu über­lassen, wenn die Entschei­dung über den Entzug der Park­möglichkeit eine unbil­lige Ermessen­sausübung durch den Arbeit­ge­ber darstellt. 

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VdAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf das am 30. Juni 2010 veröf­fentlichte Urteil des Hes­sis­chen Lan­desar­beits­gerichts  (LAG) vom 16. Novem­ber 2009 — 17 Sa 900/09.

Hin­ter­grund des Rechtsstre­its war eine in einem Vorver­fahren um einen Park­platz geführte gerichtliche Auseinan­der­set­zung. Der Mitar­beit­er, ein Flugkapitän, dessen Wohnort weit ent­fer­nt von seinem Sta­tion­ierung­sort liegt, hat­te bish­er von dem Arbeit­ge­ber die Parkge­bühren für einen auf dem Flughafen­gelände seines Heima­tortes liegen­den Park­platz erstat­tet bekom­men. Nach­dem der Arbeit­ge­ber diese Kosten nicht mehr tra­gen wollte, führten die Parteien einen Rechtsstre­it, der mit der gerichtlichen Fest­stel­lung endete, dass der Arbeit­ge­ber verpflichtet sei, ihm auf dem Flughafen­gelände sein­er Heimat­sta­tion einen unent­geltlichen Park­platz zu über­lassen, von der der Mitar­beit­er zu seinem Sta­tion­ierung­sort fliegen kann. Bish­er hat­te der Mitar­beit­er einen Park­platz in einem bes­timmten Parkhaus genutzt. Nach Recht­skraft der Entschei­dung in dem Vorver­fahren teilte der Arbeit­ge­ber ihm mit, er solle an ein­er anderen, weit­er ent­fer­n­ten Stelle auf dem Gelände parken und von dort mit einem Pen­del­bus zum Ter­mi­nal fahren. Der Mitar­beit­er wollte jedoch weit­er­hin in dem Parkhaus parken und musste hier­für Wert­marken erwer­ben, für die er in einem Zeitraum von ca. 1,5 Jahren einen Betrag von knapp € 2.000,00 zahlte. Diesen Betrag wollte er von seinem Arbeit­ge­ber erstat­tet und im Übri­gen wieder eine Park­möglichkeit in dem Parkhaus eingeräumt bekommen.

Das Arbeits­gericht hat die Klage abgewiesen. Die gegen dieses Urteil gerichtete Beru­fung des Mitar­beit­ers hat­te jedoch Erfolg, so Henn.

Nach Auf­fas­sung des Beru­fungs­gerichts war der Arbeit­ge­ber zumin­d­est zurzeit verpflichtet, dem Flugkapitän weit­er­hin zu den bish­eri­gen Bedin­gun­gen kosten­frei zu dien­stlichen Zweck­en einen Park­platz an der Sta­tion seines Heima­tortes in dem Parkhaus zur Ver­fü­gung zu stellen. Zwar habe der Mitar­beit­er keinen Anspruch auf Bere­it­stel­lung eines bes­timmten Park­platzes und der Arbeit­ge­ber habe zu bes­tim­men, welchen Park­platz er dem Mitar­beit­er im Rah­men sein­er Bere­it­stel­lungsverpflich­tung zur Ver­fü­gung stellt. Allerd­ings müsse diese Leis­tungs­bes­tim­mung durch den Arbeit­ge­ber nach bil­ligem Ermessen im Sinne des § 315 Abs. 1 BGB getrof­fen werden.

Dies sei in dem zu entschei­den­den Fall nicht geschehen, was dazu führe, dass die Leis­tungs­bes­tim­mung für den Mitar­beit­er unverbindlich sei und es deshalb bei der ursprünglichen Leis­tungs­bes­tim­mung bleibe, die auf die die Zuweisung eines Park­platzes im Parkhaus aus­gerichtet gewe­sen sei. Die Zuweisung des anderen Park­platzes auf dem Gelände entspreche nicht bil­ligem Ermessen. Hierzu müsse der Arbeit­ge­ber die wesentlichen Umstände des Falls abwiegen und die bei­der­seit­i­gen Inter­essen angemessen berücksichtigen.

Zur Wahrung bil­li­gen Ermessens habe der Arbeit­ge­ber nichts Konkretes vor­ge­tra­gen. Ins­beson­dere habe er nicht offen­gelegt, auf­grund welch­er Erwä­gun­gen er sich entschlossen habe, dem Flugkapitän einen anderen Park­platz auf dem Gelände zuzuweisen und den bish­eri­gen Park­platz im Parkhaus zu entziehen. Soweit der Arbeit­ge­ber auf Kosten abstelle, habe er nicht vor­ge­tra­gen, welche Kosten für die Stel­lung eines Park­platzes im Parkhaus aufzuwen­den waren und welche Kosten bei Stel­lung eines anderen Park­platzes auf dem Gelände anfielen.

Inwieweit bei der Entschei­dung des Park­platzwech­sels die Inter­essen des Mitar­beit­ers berück­sichtigt wur­den, sei eben­falls nicht dargelegt wor­den. Seine Inter­essen wür­den jeden­falls erkennbar berührt, wenn er statt eines Park­platzes, von dem aus er bin­nen 3 Minuten die sog. Crew­sta­tion bzw. bin­nen 4 Minuten das Ter­mi­nal erre­ichen kon­nte, nun­mehr einen Park­platz zugewiesen erhält, der einen entwed­er deut­lich län­geren Fußweg oder aber die Nutzung eines Pen­del­busses, dies wiederum ver­bun­den mit Fußweg bis zu dessen Hal­testelle, oder aber die Nutzung eines ohne­hin nicht zu allen Zeit­en verkehren­den Busses des öffentlichen Per­so­nen­nahverkehrs erfordere.

Soweit der Arbeit­ge­ber aus­führe, es sei ihm über­lassen, in welch­er Form er seine Verpflich­tung erbringe, der Mitar­beit­er könne ihr nicht vorschreiben, welchen Park­platz er ihm zur Ver­fü­gung zu stellen habe, sei dies grund­sät­zlich zutr­e­f­fend. Gle­ich­wohl verkenne der Arbeit­ge­ber mit dieser Argu­men­ta­tion aber, dass er seine Entschei­dung nicht nach freiem Ermessen, freiem Belieben oder Gut­dünken ausüben könne, son­dern nach bil­ligem Ermessen auszuüben habe.

Henn emp­fahl, dies zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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