(Stuttgart) Arbeitgeber können eine ordentliche, betriebsbedingte Kündigung nicht ohne Weiteres auf dem Umstand stützen, dass die Arbeiten eines Arbeitnehmers auf andere Arbeitnehmer verlagert werden (sog. Arbeitsverdichtung) sollen.

Darauf verweist der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen“ des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Bezug auf eine jetzt veröffentlichte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 24. Mai 2012 (Az.: 2 AZR 124/11). 

Zur Begründung einer solchen Kündigung genügt keinesfalls die bloße Behauptung, der Arbeitsplatz sei infolge von Verlagerung von Tätigkeiten auf andere Mitarbeiter weggefallen. Für langjährige Beschäftigungsverhältnisse erhöhen sich zudem die Anforderungen an die Darlegungslast des Arbeitgebers. 

Der Kläger, 58 Jahre alt, war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin über 23 Jahre beschäftigt und zuletzt Leiter eines Standortes. Im September 2009 kündigte die Beklagte, ein Tochterunternehmen eines amerikanischen Konzerns, das Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen. In dem Verfahren trug die Beklagte vor, dass der Aufgabenbereich des Klägers auf andere Mitarbeiter verlagert worden seien. Die Hälfte des bisherigen Tätigkeitsbereichs des Klägers sei in einer neuen Stelle an einem anderen Standort gebündelt und die andere Hälfte habe sie auf sieben dem Kläger nachgeordnete Arbeitnehmer verteilt worden. Die Position des Standortleiters sei damit weggefallen. 

Der Kläger ist dem entgegengetreten. Er trug vor, dass sein Arbeitsplatz bei im Wesentlichen gleich bleibenden Aufgaben lediglich neu besetzt worden ist. Eine Verlagerung bisher durch ihn erledigter Aufgaben auf andere Arbeitnehmer sei nicht ohne deren überobligatorische Inanspruchnahme möglich gewesen. 

Das BAG gab der Klage statt, so Franzen. 

Zur Begründung führen die Richter im Wesentlichen aus, dass die ordentliche Kündigung mangels eines dringenden betrieblichen Erfordernisses sozial ungerechtfertigt sei. Nach Auffassung des Gerichts müsse der Arbeitgeber seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Daran fehle es, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals führte oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv fortbestehen und etwa nur der Inhalt des Arbeitsvertrags als zu belastend angesehen wird. Laufe die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, müsse der Arbeitgeber konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Die Darlegungslast des Arbeitgebers unterliege insbesondere dann erhöhten Anforderungen, wenn der er das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze ändere, die bereits mit langjährig beschäftigten Arbeitnehmern besetzt seien. 

Diesen Voraussetzungen wurde das Vorbringen der Beklagten nicht gerecht. Sie hat nicht dargelegt, dass die sieben nachgeordneten Mitarbeiter des Klägers über hinreichend freie Arbeitszeitkapazität verfügten, um das zusätzliche Pensum von täglich bis zu einer Stunde ohne überobligationsmäßige Leistungen zu bewältigen. 

Allein schon dieser Umstand führte zur Unwirksamkeit der Kündigung. 

Die Entscheidung liegt auf der bisherigen Linie des Bundesarbeitsgerichts, betont Fachanwalt Franzen. Es gilt als gesicherte Erkenntnis, dass die unternehmerische Entscheidung, die vorhandenen Arbeiten mit weniger Personal abzuarbeiten, nur auf Unsachlichkeit, Unvernünftigkeit oder Willkür überprüft werden kann. Allerdings ist für die Arbeitsgerichte voll überprüfbar, ob die unternehmerische Entscheidung tatsächlich getroffen worden ist. Im streitigen Verfahren muss deshalb der Arbeitgeber aufzeigen, wie die Arbeit verteilt und von welchen Arbeitnehmern sie in Zukunft bewältigt werden soll. Dabei muss der Arbeitgeber detailliert darlegen, weshalb diese Arbeitnehmer diese zusätzlichen Tätigkeiten mit erledigen können. Denn die Einsparung durch die Verlagerung muss ferner realisierbar sein. Das ist etwa dann nicht der Fall, wenn die Arbeitnehmer mit ihrer bisherigen Tätigkeit bereits ausgelastet sind. 

Franzen empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies. 

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