(Stuttgart) Das Bun­de­sar­beits­gericht hat­te am 8.12.2011 einen Fall zu entschei­den, wo der Kläger der Auf­fas­sung war, eine ihm gegenüber aus­ge­sproch­ene Kündi­gung des Aus­bil­dungsver­hält­niss­es sei wegen Form­fehler unwirksam.

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­de­sar­beits­gerichts (BAG) vom 8.112.2011 zu seinem Urteil vom gle­ichen Tage, Az.: 6 AZR 354/10. 

Das Beruf­saus­bil­dungsver­hält­nis begin­nt mit ein­er Probezeit. Während dieser Zeit kann es gemäß § 22 Abs. 1 des Berufs­bil­dungs­ge­set­zes (BBiG) sowohl vom Auszu­bilden­den als auch vom Aus­bilden­den jed­erzeit ohne Ein­hal­tung ein­er Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den. Eine solche Kündi­gung muss jedoch noch während der Probezeit zuge­hen. Ist der Auszu­bildende min­der­jährig und damit nach § 106 BGB nur beschränkt geschäfts­fähig, wird die Kündi­gung nach § 131 Abs. 2 BGB erst dann wirk­sam, wenn sie seinem geset­zlichen Vertreter zuge­ht. Ist eine Kündi­gungserk­lärung mit dem erkennbaren Willen abgegeben wor­den, dass sie den geset­zlichen Vertreter erre­icht, und gelangt sie — etwa durch den Ein­wurf des Kündi­gungss­chreibens in seinen Haus­briefkas­ten — tat­säch­lich in dessen Herrschafts­bere­ich, ist der Zugang bewirkt. Eine Kündi­gung, die ein Bevollmächtigter erk­lärt, von dessen Bevollmäch­ti­gung der Gekündigte nicht zuvor durch den Voll­macht­ge­ber in Ken­nt­nis geset­zt wurde, ist gemäß § 174 BGB unwirk­sam, wenn der Kündi­gung keine Voll­macht­surkunde beige­fügt ist und der Gekündigte die Kündi­gung aus diesem Grund unverzüglich zurückweist. 

Der am 15. April 1991 geborene Kläger schloss — vertreten durch seine Eltern — mit der Beklagten einen Ver­trag über eine Aus­bil­dung als Fachkraft für Lager­l­ogis­tik für die Zeit ab 1. August 2008. Der Aus­bil­dungsver­trag enthielt eine drei­monatige Probezeit. Der Aus­bildende erk­lärte mit Schreiben vom 31. Okto­ber 2008, dem let­zten Tag der Probezeit, die Kündi­gung. Das Schreiben war gerichtet an den Kläger, geset­zlich vertreten durch die Eltern, und wurde durch Boten am sel­ben Tag in den gemein­samen Haus­briefkas­ten des Klägers und sein­er an diesem Tag ver­reis­ten Eltern einge­wor­fen. Dort fand es der Kläger zwei Tage später und ver­ständigte seine Mut­ter tele­fonisch von der Kündi­gung, die vom Kündi­gungss­chreiben nach ihrer Rück­kehr am 3. oder 4. Novem­ber 2008 tat­säch­lich Ken­nt­nis erhielt. Mit einem Schreiben sein­er Prozess­bevollmächtigten, das beim Aus­bilden­den am 13. Novem­ber 2008 eing­ing, wies der Kläger die Kündi­gung nach § 174 Satz 1 BGB zurück, weil der Kündi­gung keine Voll­macht­surkunde beige­fügt war. Mit sein­er Klage begehrt der Kläger die Fest­stel­lung der Unwirk­samkeit der Kündi­gung des Ausbildungsverhältnisses. 

Das Arbeits­gericht hat der Klage stattgegeben, das Lan­desar­beits­gericht hat sie abgewiesen. Die Revi­sion des Klägers hat­te vor dem Sech­sten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts keinen Erfolg, so Henn. 

Die Kündi­gung wurde gegenüber den Eltern des Klägers als dessen geset­zlichen Vertretern erk­lärt. Mit dem Ein­wurf in den gemein­samen Briefkas­ten der Fam­i­lie war der Zugang der Kündi­gung bewirkt. Die Ortsab­we­sen­heit der Eltern stand dem nicht ent­ge­gen. Für den Zugang reichte es aus, dass das Schreiben in den Herrschafts­bere­ich der Eltern gelangt war und sie es unter nor­malen Umstän­den zur Ken­nt­nis nehmen kon­nten. Die Kündi­gung scheit­erte auch nicht an der fehlen­den Voll­macht­surkunde. Die Zurück­weisung ein­er Kündi­gungserk­lärung nach ein­er Zeitspanne von mehr als ein­er Woche ist ohne das Vor­liegen beson­der­er Umstände des Einzelfalls nicht mehr unverzüglich iSd. § 174 Satz 1 BGB. 

Henn emp­fahl, die Entschei­dung zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies. 

 

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