(Stuttgart) Bei ein­er ordentlichen Arbeit­ge­berkündi­gung muss der Arbeit­nehmer die Nichtein­hal­tung der objek­tiv richti­gen Kündi­gungs­frist inner­halb der frist­ge­bun­de­nen Klage nach § 4 Satz 1 KSchG gel­tend machen, wenn sich die mit zu kurz­er Frist aus­ge­sproch­ene Kündi­gung nicht als eine solche mit der rechtlich gebote­nen Frist ausle­gen lässt.

Bedürfte die Kündi­gung der Umdeu­tung in eine Kündi­gung mit zutr­e­f­fend­er Frist, gilt die mit zu kurz­er Frist aus­ge­sproch­ene Kündi­gung nach § 7 KSchG als rechtswirk­sam und been­det das Arbeitsver­hält­nis zum „falschen“ Ter­min, wenn die Kündi­gungss­chutzk­lage nicht bin­nen drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündi­gung erhoben wor­den ist.

Darauf ver­weist der Ham­burg­er Fachan­walt für Arbeit­srecht Matthias W. Kroll, LL.M., Leit­er des Fachauss­chuss­es „Kündi­gungss­chutzrecht“ des VdAA-Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf das Urteil des Bun­de­sar­beits­gerichts (BAG)  vom 1. Sep­tem­ber 2010 — 5 AZR 700/09.

Der am 9. Novem­ber 1972 geborene Kläger war seit dem 1. August 1995 als Mitar­beit­er an ein­er Tankstelle beschäftigt. Im Früh­jahr 2007 über­nahm die Beklagte den Betrieb von ein­er Vor­päch­terin, für die der Kläger seit dem 1. Jan­u­ar 1999 arbeit­ete. Mit Schreiben vom 22. April 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsver­hält­nis zum 31. Juli 2008. Im Novem­ber 2008 erhob der Kläger Klage auf Leis­tung der Annah­mev­erzugsvergü­tung für die Monate August und Sep­tem­ber 2008 mit der Begrün­dung, die geset­zliche Kündi­gungs­frist betrage fünf Monate zum Monat­sende, weil er ins­ge­samt mehr als zwölf Jahre beschäftigt gewe­sen sei. § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, der bes­timmt, dass bei der Berech­nung der Beschäf­ti­gungs­dauer Zeit­en, die vor der Vol­len­dung des 25. Leben­s­jahrs liegen, nicht berück­sichtigt wer­den, sei nicht anzuwen­den. Die Vorschrift ver­stoße gegen das union­srechtliche Ver­bot der Diskri­m­inierung wegen des Alters.

Das Arbeits­gericht hat die Klage abgewiesen, das Lan­desar­beits­gericht hat ihr stattgegeben. Die Revi­sion der Beklagten war erfol­gre­ich, so betont Kroll.

Die von der Beklagten gewählte Kündi­gungs­frist war zu kurz. Die Beklagte berück­sichtigte zum einen nur die Beschäf­ti­gungszeit des Klägers bei ihrer unmit­tel­baren Rechtsvorgän­gerin ab 1. Jan­u­ar 1999. Der Kläger war aber bere­its seit dem 1. August 1995 bei ein­er weit­eren Rechtsvorgän­gerin der Beklagten beschäftigt. Schon die Berück­sich­tung der nach Vol­len­dung des 25. Leben­s­jahrs des Klägers liegen­den Beschäf­ti­gungszeit führte zu ein­er Kündi­gungs­frist von vier Monat­en zum Monat­sende (hier: 31. August 2008). Zudem darf § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht angewen­det wer­den, weil eine der­ar­tige Regelung mit dem Recht der Europäis­chen Union unvere­in­bar ist (EuGH vom 19. Jan­u­ar 2010 — C‑555/07 — Kücükde­ve­ci). Die rechtlich gebotene Kündi­gungs­frist betrug deshalb fünf Monate zum Monat­sende (hier: 30. Sep­tem­ber 2008). 

Gle­ich­wohl blieb die Klage ohne Erfolg. Der Sen­at kon­nte die aus­drück­lich zum 31. Juli 2008 erk­lärte Kündi­gung der Beklagten wed­er nach ihrem Inhalt noch nach den son­sti­gen Umstän­den als eine Kündi­gung zum 30. Sep­tem­ber 2008 ausle­gen. Der Kläger hätte deshalb die unzutr­e­f­fend angenommene Kündi­gungs­frist bin­nen drei Wochen nach Zugang der Kündi­gung gerichtlich gel­tend machen müssen (§ 4 Satz 1 KSchG). Da das nicht erfol­gte, hat die Kündi­gung das Arbeitsver­hält­nis zum 31. Juli 2008 aufgelöst (§ 7 KSchG). Annah­mev­erzugsvergü­tung für die Monate August und Sep­tem­ber 2008 ste­ht dem Kläger nicht zu.

Kroll emp­fahl, dies zu beacht­en und bei allen arbeit­srechtlichen Fra­gen unverzüglich Recht­srat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VdAA-Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Matthias W. Kroll, LL.M.
Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht/
Mas­ter of Insur­ance Law
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