(Stuttgart)  Bevor ein Arbeit­ge­ber auf Druck von Arbeit­skol­le­gen eventuell kündi­gen darf, muss er konkrete Maß­nah­men ergrif­f­en haben, die Druck­si­t­u­a­tion zu beseit­i­gen. Ein Arbeitsver­hält­nis kann aber gerichtlich gegen Zahlung ein­er Abfind­ung aufgelöst wer­den, wenn der Arbeit­nehmer den Arbeit­ge­ber bei ein­er Behörde anzeigt, ohne vorher mit ihm eine Klärung ver­sucht zu haben.

Das, so der Kiel­er Fachan­walt für Arbeit­srecht Jens Klar­mann, Vizepräsi­dent des VDAA  — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, hat das Lan­desar­beits­gericht (LAG) Schleswig-Hol­stein mit Urteil vom 20.03.2012 entsch­ieden (Az.: 2 Sa 331/11).

Der Kläger war als Ver­trieb­sin­ge­nieur bei der Beklagten tätig. Nach einem Freizeitun­fall war er in 2009 mehrere Monate arbeit­sun­fähig krank. Nach sein­er Gesun­dung befand er sich – neben anderen Kol­le­gen – seit Novem­ber 2009 in Kurzarbeit Null. Die Arbeit­ge­berin ver­suchte, den Kläger zum Abschluss eines Aufhe­bungsver­trages zu bewe­gen und bot ihm eine Abfind­ung an. Eine Eini­gung erfol­gte nicht. Im Feb­ru­ar 2011 kündigte die Arbeit­ge­berin mit der Begrün­dung, zwei eng mit dem Kläger zusam­me­nar­bei­t­ende Arbeit­skol­le­gen aus dem Ver­trieb, die für hohen Umsatz sorgten, hät­ten gedro­ht, bei ein­er Weit­erbeschäf­ti­gung des Klägers selb­st zu kündi­gen. Die Arbeit­ge­berin kündigte daraufhin das Arbeitsver­hält­nis im März 2011 fristgemäß.

Das Arbeits­gericht gab der Kündi­gungss­chutzk­lage statt. Die Beru­fung der Arbeit­ge­berin hat­te insoweit keinen Erfolg. Berufe sich ein Arbeit­ge­ber im Fall ein­er Kündi­gung auf eine Druck­si­t­u­a­tion, so müsse er dar­legen, welche konkreten Maß­nah­men er ergrif­f­en habe, um die Druck­si­t­u­a­tion in den Griff zu bekom­men. Der Hin­weis auf all­ge­meine Gespräche reiche nicht aus.

Die Arbeit­ge­berin hat dann aber vor dem Lan­desar­beits­gericht einen Antrag gestellt, das Arbeitsver­hält­nis gegen den Willen des Klägers durch das Gericht gegen Zahlung ein­er gerin­gen Abfind­ung aufzulösen, weil eine weit­ere gedeih­liche Zusam­me­nar­beit nicht mehr erwartet wer­den könne. Der Kläger hat­te näm­lich bere­its im Zusam­men­hang mit der Anord­nung von Kurzarbeit im Novem­ber 2009 gegenüber der Bun­de­sagen­tur für Arbeit geäußert, er werde durch die Arbeit­ge­berin mit Kurzarbeit bestraft, weil er kein­er Tren­nung zuges­timmt habe. So gehe sie immer vor. Die Arbeit­ge­berin nutze nur die Kurzarbeit­sleis­tun­gen als Zusatzgeschäft. Während des Kündi­gungss­chutzver­fahrens schrieb er nochmals an diese Behörde, die Arbeit­ge­berin miss­brauche gezielt die Kurzarbeit­sleis­tun­gen. Daraufhin erstat­tete die Agen­tur für Arbeit eine Strafanzeige gegen die Arbeit­ge­berin. Dieses führte zu einem staat­san­waltschaftlichen Ermit­tlungsver­fahren gegen sie mit hier unbekan­ntem Ausgang.

Das Lan­desar­beits­gericht gab dem Auflö­sungsantrag statt. Der Kläger habe zunächst eine Klärung mit der Beklagten im Betrieb ver­suchen müssen. Eine gedeih­liche weit­ere Zusam­me­nar­beit sei hier aber nicht zu erwarten, wenn der Arbeit­nehmer sofort eine Anzeige erstat­te. Es sei nicht notwendig, dass die Strafanzeige an die Staat­san­waltschaft gerichtet sei. Vielmehr reiche es aus, wenn die Anzeige zu Ermit­tlun­gen gegen den Arbeit­ge­ber führe.

Klar­mann emp­fahl, dies beacht­en sowie in Zweifels­fällen um Recht­srat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

 

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