(Stuttgart) Versichert ein geringfügig Beschäftigter seinem Arbeitgeber, dass er keinen weiteren „Minijobs” nachgeht und stellt sich dies als falsch heraus, muss der Arbeitgeber gleichwohl nachträglich Beiträge zur Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zahlen, soweit die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.

Darauf verweist der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VdAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, noch einmal wegen weit verbreiteter Unkenntnis unter Hinweis auf ein Urteil des Hessischen Landessozialgerichts in Darmstadt vom 21.08.2006 – AZ.: L 1 KR 366/02 -.

Im konkreten Fall klagte die Geschäftsführerin eines Reinigungsunternehmens in der Nähe von Wiesbaden dagegen, für einen Arbeitnehmer nachträglich Sozialversicherungsbeiträge zahlen zu müssen, der ohne ihr Wissen mehreren „Minijobs” nachgegangen war. Sie unterlag jedoch in beiden Instanzen, betont Klarmann.

Zwar konzidierten die Darmstädter Richter, dass sie ohne eigenes Verschulden finanziell belastet werde, dies ändere jedoch an ihrer gesetzlichen Beitragspflicht nichts.

Werden mehrere geringfügige Beschäftigungen ausgeübt, so werden sie zusammengerechnet und unterliegen ab einem bestimmten monatlichen Einkommen der Sozialversicherungspflicht. Der Arbeitgeber sei gegen die Beitrags(nach)zahlung weder durch

  • Unkenntnis über weitere „Minijobs” seines Arbeitnehmers
  • noch dadurch, dass er seiner Meldepflicht ordnungsgemäß nachgekommen ist,
  • noch durch die Tatsache, dass der Sozialversicherungsträger von der Mehrfachbeschäftigung des Arbeitnehmers hätte wissen müssen,

geschützt. Denn die Versicherungspflicht trete kraft Gesetzes ein.

Damit stehe diese Entscheidung zwar im Gegensatz zu der späteren Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom vom 9.4.2008, (AZ.: L 5 R 2125/07), wonach der rückwirkende Eintritt von Versicherungspflicht ausgeschlossen ist. Das gelte sogar auch dann, wenn dem Arbeitgeber vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen sein sollte.

Die davon abweichenden Anordnungen in den Richtlinien der Spitzenverbände der Krankenkassen, der Deutschen Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit für die versicherungsrechtliche Beurteilung von geringfügigen Beschäftigungen (Geringfügigkeits-Richlinien, dort Nr. B 5.3 Satz 3) sind nach Auffassung des LSG Baden-Württemberg mit der gesetzlichen Regelung in § 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV nicht vereinbar und von den Gerichten nicht anzuwenden.

Gegen diese Entscheidung, so betont Klarmann, sei jedoch Revision vor dem Bundessozialgericht (AZ.: B 12 R 1/08 R) eingelegt.

Solange dieses Verfahren nicht entschieden sei, lasse sich eine Beitragsnachforderung nach den Worten der Darmstädter Richter aus dem vorhergegangenen Urteil nur dann vermeiden,, wenn der Arbeitgeber regelmäßig beim zuständigen Sozialversicherungsträger beantrage, über die Versicherungspflicht zu entscheiden. Werde sie dann verneint, könne sich der Arbeitgeber bei späteren Nachforderungen darauf berufen.

Klarmann empfahl nochmals dringend allen Arbeitgebern, diesen Hinweis  und den Verfahrensausgang vor dem Bundessozialgericht zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.   

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