Diese Frage, so der Bremer Fachanwalt für Arbeitsrecht Klaus-Dieter Franzen, Landesregionalleiter „Bremen“ des VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V., lässt sich nicht ohne weiteres mit einem „Ja!“ oder „Nein“ beantworten. Vielmehr kommt es darauf an, ob eine Regelung über die Rückzahlung existiert, und wenn ja, wie diese konkret ausgestaltet ist.
Zunächst muss also eine ausdrückliche Regelung existieren. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber die Leistung freiwillig gewährt und darauf auch hinweist („Freiwilligkeitsvorbehalt“) führt nicht schon zu einer Rückzahlungsverpflichtung. Auch das Gesetz sieht eine Rückzahlungsverpflichtung von Sonderzahlungen nicht vor. Als Rechtsgrundlage für die Rückzahlungsverpflichtung kommt deshalb nur eine Regelung in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder in einem Arbeitsvertrag in Betracht.
Regelmäßig soll eine solche Regelung den Anreiz bieten, auch künftig für den Arbeitgeber tätig zu sein. Mithin soll die künftige Betriebstreue honoriert werden. Aus diesem Grund sehen solche Regelungen vor, dass der Arbeitnehmer die Gratifikation zurückzahlen muss, wenn der Arbeitnehmer unmittelbar nach Erhalt der Zahlung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.
Solche Vereinbarungen sind jedoch nicht uneingeschränkt zulässig, betont Fachanwalt Franzen.
Denn Rückzahlungsvorbehalte dürfen den Arbeitnehmer nicht in unzulässiger Weise in seiner grundgesetzlich geschützten Berufsfreiheit behindern. Sie unterliegen der richterlichen Inhaltskontrolle. Rückzahlungsklauseln müssen deshalb eindeutig formuliert sein und die Voraussetzungen, die zur Rückzahlungspflicht führen sollen, hinreichend konkret bezeichnen.
Dabei knüpft die Rückzahlungspflicht an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Allerdings sollte auf den genauen Wortlaut der Regelung geachtet werden. Ist etwa die Rückzahlung nur für den Fall der Kündigung durch den Arbeitnehmer vorgesehen, wird sie nicht ausgelöst, wenn die Parteien das Arbeitsverhältnis einvernehmlich aufheben. Ebenso wenig führt die Beendigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf zur Rückzahlungspflicht, wenn diese nur durch eine Kündigung ausgelöst werden soll. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer erfolglos ein Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gemacht hat.
Es ist rechtlich zulässig, die Regelung im Arbeitsvertrag so zu fassen, dass die Rückzahlungsverpflichtung an alle Tatbestände anknüpft, die aus der Sphäre des Arbeitnehmers herrühren. Das gilt etwa für den Fall einer vom Arbeitgeber nicht zu vertretenden Eigenkündigung des Arbeitnehmers. Außerdem kann ein auf Wunsch des Arbeitnehmers befristetes Arbeitsverhältnisse oder ein auf Veranlassung des Arbeitnehmers zu Stande gekommener Aufhebungsvertrag die Rückzahlungsverpflichtung auslösen. Es ist ferner zulässig, die Rückzahlung vorzusehen, wenn der Arbeitgeber eine vom Arbeitnehmer verschuldete Kündigung ausspricht.
Anders sieht es allerdings aus, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den Arbeitgeber zurückgeht, ohne dass der Arbeitnehmer hierzu einen Anlass gegeben hat. In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer daran gehindert, die von dem Arbeitgeber mit der Zahlung der Prämie geforderte Betriebstreue zu erbringen. Deshalb wird er in diesen Fällen regelmäßig nicht verpflichtet zu sein, die Gratifikation zurückzuzahlen.
Der Arbeitnehmer kann zeitlich nicht grenzenlos gebunden werden, so Franzen.
Die Rechtsprechung hat detaillierte Bindungsgrenzen aufgestellt. Danach sind Rückzahlungsvorbehalte bei Gratifikationen bis zu einem Betrag von 100,00 € und solche, die eine Bindungsdauer über den 30. Juni des Folgejahres vorsehen, grundsätzlich unwirksam.
Beläuft sich der ausgezahlte Betrag auf mehr als 100,00 €, aber weniger als ein Bruttomonatsentgelt, kann der Arbeitnehmer höchstens bis zum 31. März des Folgejahres gebunden werden. Scheidet der Arbeitnehmer vorher aus, muss er die Gratifikation zurückzahlen, während ein Ausscheiden mit Ablauf dieses Tages unschädlich ist.
Bei einer Gratifikation von einem Bruttomonatsgehalt oder mehr darf die Regelung eine Bindung über den 31. März des Folgejahres hinaus vorsehen. Der Arbeitnehmer darf dann erst zum nächstmöglichen Kündigungstermin nach dem 31. März kündigen, wenn er der Rückzahlungsverpflichtung aus dem Weg gehen will.
Erhält der Arbeitnehmer eine Gratifikation, die ein Bruttomonatsgehalt übersteigt, aber ein zweifaches Monatsgehalt nicht erreicht, kann er nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes dann nicht über den 30. Juni des Folgejahres am den Arbeitgeber gebunden werden, wenn er bis dahin mehrere Kündigungsmöglichkeiten hatte. Eine Bindung über den 30. Juni hinaus dürfte nicht mehr zulässig sein.
Sieht die Vereinbarung davon abweichende, längere Bindungszeiträume vor, sind diese nichtig. Hält der Arbeitnehmer rechtlich zulässige Bindungsfristen nicht ein, ist er zur Rückzahlung der Gratifikation verpflichtet. Diese muss dann in vollem Umfang erstattet werden; dem Arbeitnehmer verbleibt also nicht ein Anspruch auf den Sockelbetrag in Höhe von 100,00 €. Ist die Gratifikation in voller Höhe zurückzuzahlen, erfasst diese Verpflichtung auch die von dem Arbeitgeber an das Finanzamt abgeführte Lohnsteuer und die Erstattung der zu viel entrichteten Sozialversicherungsbeiträge.
Der Rückzahlungsanspruch unterliegt vertraglich vereinbarten Ausschlussfristen. Der Anspruch wird erst mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig. Aus diesem Grund beginnt die Verfallfrist erst mit diesem Datum an zu laufen.
Franzen empfahl, dies zu beachten und bei Fragen zum Arbeitsrecht Rechtsrat in Anspruch zu nehmen, wobei er u. a. auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.
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