(Stuttgart)  Wird von tar­ifge­bun­de­nen Arbeit­ge­bern in vor dem 01.01.2002 abgeschlosse­nen Arbeitsverträ­gen mit nicht gew­erkschaftlich organ­isierten Beschäftigten die Anwend­barkeit des jew­eili­gen BAT und der sich diesem Tar­ifver­trag anschließen­den Tar­ifverträge vere­in­bart, han­delt es sich regelmäßig um eine soge­nan­nte „Gle­ich­stel­lungsklausel“ im Sinne der jahre­lan­gen Recht­sprechung des Bundesarbeitsgerichts.

Ihr Zweck ist, dass alle diejeni­gen Tar­ifverträge anwend­bar sein sollen, die für den Arbeit­ge­ber gel­ten. Dann ver­drängt der Haus­tar­ifver­trag den im Ver­trag aus­drück­lich genan­nten Flächen­tar­ifver­trag. Höhere haus­tar­i­fliche Zahlun­gen an Gew­erkschaftsmit­glieder sind wirksam.

Darauf ver­weist der Kiel­er Fachan­walt für Arbeit­srecht Jens Klar­mann, Vizepräsi­dent des VDAA  — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Lan­desar­beits­gerichts (LAG) Schleswig-Hol­stein vom 24.04.2012 zu seinen Urteilen vom 11.10.2011 – Az. 2 Sa 247/11; vom 22.3.2012 – Az. 4 Sa 244/11 und Az. 4 Sa 255/11 und vom 21.03.2012 Az. 6 Sa 256/11).

Seit 2007 stre­it­en sich – mit unter­schiedlichen Fal­lkon­stel­la­tio­nen – viele Beschäftigte ein­er in Schleswig-Hol­stein und Meck­len­burg-Vor­pom­mern agieren­den Kranken­haush­old­ing um die Höhe des Wei­h­nachts­geldes. Dem Konz­ern gehören diverse unter­schiedliche Klinikbe­treiber als Tochterge­sellschaften an, so auch die hier auf Zahlung von höherem Wei­h­nachts­geld verk­lagten Arbeit­ge­ber. Vor den gesellschaft­srechtlichen Verän­derun­gen und der Entste­hung der Hold­ing waren viele dieser Kranken­häuser, vor allem die hier verk­lagten, da kom­mu­nal betrieben, an die Tar­ifverträge des öffentlichen Dien­stes gebun­den. Die Anwen­dung des BAT wurde mit allen Beschäftigten for­mu­la­rmäßig vere­in­bart. Den Beschäftigten wur­den ein­heitlich die Son­derzuwen­dun­gen des öffentlichen Dien­stes nach dem Tar­ifw­erk BAT, später dem TVöD gezahlt. Die Anwen­dung des BAT ist auch in den stre­it­i­gen Arbeitsverträ­gen aller Klägerin­nen und Kläger aus­drück­lich vere­in­bart, die alle lange vor dem 01.01.2002 geschlossen wurden.

Mit Datum vom 25.03.2007 schlossen die Gew­erkschaften ver.di und NGG mit der Kranken­haush­old­ing einen eige­nen Son­derzuwen­dungstarif als Haus­tar­ifver­trag ab. Danach erhal­ten die Arbeit­nehmer mit Wirkung ab 2007 für jedes Wirtschaft­s­jahr eine vom Betrieb­sergeb­nis abhängige Son­derzahlung auf Basis eines bes­timmten Fak­tors. Für die Mit­glieder der Gew­erkschaften ver.di und NGG ergeben sich gegenüber den übri­gen Arbeit­nehmern außer­dem jew­eils höhere Fak­toren. Die nicht gew­erkschaftlich organ­isierten Klägerin­nen und Kläger erhiel­ten in Anwen­dung des Haus­tar­ifver­trages für die unter­schiedlich eingeklagten Zeiträume ab 2007 teils weniger als die Hälfte der BAT–Bundes-Angestelltentarifvertrag/TVöD-Ansprüche. Gestrit­ten wird jet­zt um die Dif­ferenz zum BAT TVöD, min­destens aber um den höheren haus­tar­i­flichen Anspruch für Gewerkschaftsmitglieder.

Das Lan­desar­beits­gericht hat, wie schon zuvor das Arbeits­gericht Flens­burg in den oben genan­nten Ver­fahren die Zahlungskla­gen abgewiesen, so Klarmann.

Es han­delte sich jew­eils um vor der soge­nan­nten Schul­drecht­sre­form vom 01.01.2002 abgeschlossene soge­nan­nte „Altverträge“. Die Ver­weisungsklauseln seien nach der langjähri­gen Recht­sprechung des Bun­de­sar­beits­gerichts deshalb noch als „Gle­ich­stel­lungsabrede“ auszule­gen. Die Gle­ich­stel­lung führe dazu, dass für die nicht gew­erkschaftlich organ­isierten Beschäftigten auch die – ggf. sach­näheren (Haus-) Tar­ifverträge gel­ten, die auch für die beschäftigten Gew­erkschaftsmit­glieder Anwen­dung find­en. Damit sei der BAT/TVöD durch den Haus­tarif ver­drängt wor­den. Die im Haus­tar­ifver­trag geregelte höhere Son­derzuwen­dung für Gew­erkschaftsmit­glieder ste­he den nicht gew­erkschaftlich organ­isierten Klägern nicht zu. Die tar­i­fliche Besser­stel­lung von bes­timmten Gew­erkschaftsmit­gliedern sei nach der höch­strichter­lichen Recht­sprechung zulässig.

In allen Rechtsstre­it­igkeit­en ist die Revi­sion zuge­lassen wor­den. Gegen das Urteil Az. 2 Sa 247/11 wurde bere­its beim Bun­de­sar­beits­gericht Revi­sion unter dem Az. 4 AZR 870/11 ein­gelegt. In den anderen Ver­fahren läuft die Rechtsmit­tel­frist noch.

Klar­mann emp­fahl, dies beacht­en sowie in Zweifels­fällen um Recht­srat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies. 

 

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