(Stuttgart) Hat ein als behin­dert­er Men­sch mit einem Grad der Behin­derung (GdB) von 30 anerkan­nter Arbeit­nehmer die Gle­ich­stel­lung mit einem schwer­be­hin­derten Men­schen beantragt und dies dem Arbeit­ge­ber mit­geteilt, ist der Arbeit­ge­ber nicht verpflichtet, die Schwer­be­hin­derten­vertre­tung von der beab­sichtigten Umset­zung dieses Arbeit­nehmers zu unter­richt­en und sie hierzu anzuhören, wenn über den Gle­ich­stel­lungsantrag noch nicht entsch­ieden ist.

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­de­sar­beits­gerichts (BAG) zu seinem Beschluss vom 22. Jan­u­ar 2020 — 7 ABR 18/18 -.

Die Arbeit­ge­berin, ein Job­cen­ter, beschäftigt eine Arbeit­nehmerin, die als behin­dert­er Men­sch mit einem GdB von 30 anerkan­nt ist. Am 4. Feb­ru­ar 2015 stellte diese einen Antrag auf Gle­ich­stel­lung mit einem schwer­be­hin­derten Men­schen bei der Bun­de­sagen­tur für Arbeit und informierte den Leit­er des Job­cen­ters hierüber. Das Job­cen­ter set­zte die Arbeit­nehmerin im Novem­ber 2015 für die Dauer von sechs Monat­en in ein anderes Team um, ohne zuvor die Schwer­be­hin­derten-vertre­tung unter­richtet und ange­hört zu haben. Mit Bescheid vom 21. April 2016 stellte die Bun­de­sagen­tur für Arbeit die Arbeit­nehmerin rück­wirk­end zum 4. Feb­ru­ar 2015 einem schwer­be­hin­derten Men­schen gleich.

Die Schwer­be­hin­derten­vertre­tung hat im Wege eines Haup­tantrags und mehrerer Hil­f­santräge im Wesentlichen gel­tend gemacht, das Job­cen­ter habe sie vor­sor­glich auch dann zu unter­richt­en und anzuhören, wenn behin­derte Arbeit­nehmer, die einen Gle­ich­stel­lungsantrag gestellt und dies dem Job­cen­ter mit­geteilt haben, auf einen anderen Arbeit­splatz umge­set­zt wer­den sollen.

Das Arbeits­gericht hat dem Haup­tantrag stattgegeben, das Lan­desar­beits­gericht hat die Anträge abgewiesen. Die hierge­gen gerichtete Rechts­beschw­erde der Schwer­be­hin­derten­vertre­tung blieb vor dem Siebten Sen­at des Bun­de­sar­beits-gerichts ohne Erfolg. Nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX hat der Arbeit­ge­ber die Schwer­be­hin­derten­vertre­tung in allen Angele­gen­heit­en, die einen einzel­nen oder die schwer­be­hin­derten Men­schen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unter­richt­en und vor ein­er Entschei­dung anzuhören. Diese Regelung gilt gemäß § 151 Abs. 1 SGB IX für schwer­be­hin­derte und diesen gle­ichgestellte behin­derte Men­schen. Die Beteili­gungspflicht bei Umset­zun­gen beste­ht danach nicht, wenn die Umset­zung einen behin­derten Arbeit­nehmer bet­rifft, der einen Antrag auf Gle­ich­stel­lung gestellt hat, über den noch nicht entsch­ieden ist. Die Gle­ich­stel­lung erfol­gt erst durch die kon­sti­tu­tiv wirk­ende Fest­stel­lung der Bun­de­sagen­tur für Arbeit. Erst ab diesem Zeit­punkt beste­ht das Beteili­gungsrecht der Schwer­be­hin­derten-vertre­tung bei der Umset­zung nach § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Zwar wirkt die Gle­ich­stel­lung nach § 151 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auf den Tag des Ein­gangs des Antrags zurück. Dies begrün­det jedoch nicht die Verpflich­tung des Arbeit­ge­bers, die Schwer­be­hin­derten­vertre­tung vor der Entschei­dung über den Gle­ich­stel­lungsantrag vor­sor­glich über eine Umset­zung zu unter­richt­en und zu dieser anzuhören. Das ist mit den Vor­gaben des Union­srechts und der UN-Behin­derten­recht­skon­ven­tion vereinbar.

Henn emp­fahl, die Entschei­dung zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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