(Stuttgart) Wer Elternzeit für den Zeitraum bis zum vol­len­de­ten drit­ten Leben­s­jahr des Kindes beanspruchen will, muss sie nach § 16 Abs. 1 BEEG spätestens sieben Wochen vor Beginn der Elternzeit schriftlich vom Arbeit­ge­ber ver­lan­gen und gle­ichzeit­ig erk­lären, für welche Zeit­en inner­halb von zwei Jahren Elternzeit genom­men wer­den soll.

Bei der Inanspruch­nahme han­delt es sich um eine rechts­gestal­tende emp­fangs­bedürftige Wil­lenserk­lärung, durch die das Arbeitsver­hält­nis während der Elternzeit — vor­be­haltlich der Vere­in­barung ein­er Teilzeitbeschäf­ti­gung — zum Ruhen gebracht wird. Ein­er Zus­tim­mung des Arbeit­ge­bers bedarf es nicht. Das Elternzeitver­lan­gen erfordert die strenge Schrift­form iSv. § 126 Abs. 1 BGB. Es muss deshalb von der Arbeit­nehmerin oder dem Arbeit­nehmer eigen­händig durch Namen­su­n­ter­schrift oder mit­tels notariell beglaubigten Handze­ichens unterze­ich­net wer­den. Ein Tele­fax oder eine E‑Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG vorgeschriebene Schrift­form nicht und führt gemäß § 125 Satz 1 BGB zur Nichtigkeit der Erk­lärung. Allerd­ings kann sich ein Arbeit­ge­ber auf­grund der Beson­der­heit­en des konkreten Falls treuwidrig ver­hal­ten, indem er sich darauf beruft, das Schrift­former­forder­nis des § 16 Abs. 1 Satz 1 BEEG sei nicht gewahrt (§ 242 BGB).

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­de­sar­beits­gerichts vom 10.05.2016 zu seinem Urteil vom sel­ben Tage, Az. 9 AZR 145/15.

Die Klägerin war als Recht­san­walts­fachangestellte bei dem beklagten Recht­san­walt beschäftigt. Dieser kündigte das Arbeitsver­hält­nis mit Schreiben vom 15. Novem­ber 2013. Im Kündi­gungsrechtsstre­it machte die Klägerin gel­tend, sie habe dem Beklagten nach der Geburt ihrer Tochter per Tele­fax am 10. Juni 2013 mit­geteilt, dass sie Elternzeit für zwei Jahre in Anspruch nehme. Der Beklagte habe deshalb das Arbeitsver­hält­nis nach § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG nicht kündi­gen dür­fen. Die Vorin­stanzen haben der Kündi­gungss­chutzk­lage stattgegeben.

Die Revi­sion des Beklagten hat­te vor dem Neun­ten Sen­at des Bun­dear­beits­gerichts Erfolg. Das Arbeitsver­hält­nis ist durch die Kündi­gung des Beklagten vom 15. Novem­ber 2013 aufgelöst wor­den. Ent­ge­gen der Ansicht des Lan­desar­beits­gerichts genoss die Klägerin nicht den Son­derkündi­gungss­chutz des § 18 Abs. 1 Satz 1 BEEG. Die Klägerin hat­te mit ihrem Tele­fax vom 10. Juni 2013 nicht wirk­sam Elternzeit ver­langt. Beson­der­heit­en, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben ver­wehrten, sich auf den For­mver­stoß zu berufen, lagen nicht vor.

Henn emp­fahl, die Entschei­dung zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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