Gemein­samer Bun­de­sauss­chuss ver­längert Ende Novem­ber aus­laufende Regelung

(Stuttgart) Wenn erkrank­te Arbeit­nehmer ihrem Arbeit­ge­ber ein Attest vor­legen müssen, ist ein per­sön­lich­er Arztbe­such dafür meist unumgänglich. In Zeit­en der Coro­na-Pan­demie kon­nte unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen ein solch­es Attest auch tele­fonisch einge­holt wer­den. Diese bis­lang nur bis Ende Novem­ber gel­tende Son­der­regelung wird nun­mehr bis Ende März 2023 ver­längert. 

Die Recht­slage stellt der Ham­burg­er Fachan­walt für Arbeit­srecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott dar. 

Pflicht zur Vor­lage ein­er Arbeit­sun­fähigkeits­bescheini­gung 

Nach dem Ent­gelt­fortzahlungs­ge­setz (EFZG) muss ein erkrank­ter Arbeit­nehmer dem Arbeit­ge­ber unverzüglich mit­teilen, wenn er auf­grund Krankheit nicht zur Arbeit erscheinen kann. Dauert die Arbeit­sun­fähigkeit länger als drei Kalen­dertage, hat der Arbeit­nehmer eine ärztliche Bescheini­gung vorzulegen.

„Arbeit­ge­ber kön­nen aber auch schon eher die Vor­lage eines ärztlichen Attests ver­lan­gen“, so Fachan­walt für Arbeit­srecht Prof. Dr. Michael Fuhlrott. „Der­ar­tige Regelun­gen find­en sich teil­weise in Arbeitsverträ­gen, teil­weise in betrieblichen Vor­gaben. Auch kann der Arbeit­ge­ber im Einzelfall eine entsprechende Anweisung tre­f­fen“, so der Ham­burg­er Arbeitsrechtler.

Für den Beschäftigten heißt dies dann regelmäßig, sich auf dem Weg zum Arzt aufzu­machen und in der Prax­is nach ein­er ärztlichen Unter­suchung sich ein Attest ausstellen zu lassen. Die genauen Vor­gaben dazu regelt die Arbeit­sun­fähigkeit­srichtlin­ie. „Wenn der Arzt den Patien­ten ken­nt, ist bei bes­timmten Diag­nosen auch eine Befun­dung per Videoun­ter­suchung möglich“, so Fuhlrott. Allerd­ings: „Diese Möglichkeit bieten noch längst nicht alle Hausärzte an“.

Coro­na-Aus­nah­meregelung erlaubte tele­fonis­che Befun­dung 

In Hochzeit­en der Pan­demie wurde hier­von eine zeitlich befris­tete Aus­nahme in der Arbeit­sun­fähigkeit­srichtlin­ie (§ 8 Arbeit­sun­fähigkeits-RL) einge­führt. Danach war bei Erkrankun­gen der oberen Atemwege ohne schwere Symp­to­matik eine Krankschrei­bung auch im Wege der tele­fonis­chen Anam­nese möglich. Arzt­prax­en soll­ten nicht weit­er über­lastet wer­den und Infek­tio­nen in Wartez­im­mern soll­ten ver­mieden werden.

„Voraus­set­zung hier­für ist aber, dass der Arzt per­sön­lich mit dem Patien­ten tele­foniert und sich dabei – zumin­d­est tele­fonisch – ein Bild von seinem Zus­tand macht“, so Fuhlrott. „Dieser muss dann nach pflicht­gemäßem Ermessen entschei­den, ob er ein Attest ausstellt oder den Patien­ten zur weit­eren Abklärung in die Prax­is einbestellt“.

Die auf diesem Wege aus­gestellte Arbeit­sun­fähigkeits­bescheini­gung unter­schied sich nicht von den „nor­malen“ Attesten. Für Unternehmen war daher nicht erkennbar, auf welchem Weg die Unter­suchung erfol­gt war.

Ver­längerung der Son­der­regelung bis 31.3.2023

Diese Regelung, die bis zum 30.11.2022 befris­tet war, wird nun bis zum 31.3.2023 ver­längert. For­mal ste­ht die Entschei­dung noch unter dem Vor­be­halt der Bestä­ti­gung durch den Bun­des­ge­sund­heitsmin­is­ter, was aber als Form­sache gilt. Danach kön­nen Beschäftigte auch weit­er­hin durch einen Anruf in ihrer Arzt­prax­is eine Arbeit­sun­fähigkeits­bescheini­gung erhal­ten. Der Weg in die Prax­is ent­fällt damit.

Einen entsprechen­den Beschluss traf der Gemein­same Bun­de­sauss­chuss nun­mehr am 17.11.2022 und ver­längerte die bis­lang gel­tende Sonderregelung.

Hoher Beweiswert ärztlich­er Atteste

„Wird eine ärztliche Bescheini­gung auf diesem Wege tele­fonisch durch den Arzt erteilt, so kommt ihr grund­sät­zlich der gle­iche Beweiswert wie ein­er „reg­ulären“ ärztlichen Bescheini­gung zu“, so der Ham­burg­er Arbeit­srechtler Fuhlrott. Nur bei beson­deren Voraus­set­zun­gen könne der starke Beweiswert ein­er ärztlichen Bescheini­gung erschüt­tert wer­den. „Dies kann etwa der Fall sein, wenn der Beschäftigte einen beantragten Urlaub nicht gewährt erhal­ten hat und daraufhin erkrankt“, so Arbeit­srechtler Fuhlrott. „Auch wenn nach ein­er Eigenkündi­gung des Arbeit­nehmers ein ärztlich­es Attest in Hause flat­tert, kann dies nach ein­er jün­geren Entschei­dung des Bun­de­sar­beits­gerichts den Beweiswert der ärztlichen Bescheini­gung in Frage stellen“, ergänzt der Arbeitsrechtsprofessor.

Kein Beweiswert bei „Online-Attesten“

Ganz anders liegt der Fall bei online einge­holten Attesten, denen von vorn­here­in kein beson­der­er Beweiswert zukommt: „Klar abzu­gren­zen von diesen ärztlichen Attesten aus Arzt­prax­en sind aber ominöse Bescheini­gun­gen, die vere­inzelte Anbi­eter über das Inter­net lediglich durch Ankreuzen bes­timmter Fra­gen durch den Arbeit­nehmer ausstellen, ohne dass der Arbeit­nehmer zuvor Kon­takt mit einem Arzt hat­te“ ergänzt Fuhlrott, der Unternehmen emp­fiehlt, der­ar­tige Bescheini­gun­gen grund­sät­zlich nicht anzuerkennen.

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