Bun­de­sar­beits­gericht, Beschluss vom 27.10.2020, AZ 6 AZR 566/18

Aus­gabe: 10–2020

Eine ver­tragliche Abrede über die Voraus­ab­tre­tung der Insol­ven­zver­wal­ter­vergü­tung angestell­ter Recht­san­wälte an ihre Arbeit­ge­berkan­zlei ist mit den Grund­sätzen der Insol­ven­zver­wal­ter­vergü­tung und der per­sön­lichen Stel­lung des Insol­ven­zver­wal­ters vereinbar. 

Die Klägerin, eine Recht­san­walt­skan­zlei, schloss mit der Beklagten, ein­er angestell­ten Recht­san­wältin, fol­gende Änderungsvere­in­barung zum Arbeitsvertrag:

„Die Recht­san­wältin ist berechtigt, sich auch als Gutach­terin, vor­läu­fige Insol­ven­zver­wal­terin, Insol­ven­zver­wal­terin, Treuhän­derin etc. sowie Zwangsver­wal­terin bestellen zu lassen.

Sämtliche Tätigkeit­en der vor­ge­nan­nten Art wer­den auss­chließlich auf Rech­nung der Gesellschaft aus­ge­führt. Von der Recht­san­wältin beantragte Vergü­tun­gen tritt diese hier­mit im Voraus an den Arbeit­ge­ber ab. …

Für die Haftpflicht­fälle wird die Arbeit­nehmerin im Innen­ver­hält­nis freigestellt, soweit nicht die Haftpflichtver­sicherung den Schaden deckt.“

Nach­dem die Klägerin das Arbeitsver­hält­nis mit der Beklagten zum 31. Okto­ber 2012 gekündigt hat­te, ver­langte sie von dieser die Auskehrung der Insol­ven­zver­wal­ter­vergü­tun­gen für noch im beste­hen­den Arbeitsver­hält­nis begonnene, aber erst ab Novem­ber 2012 abgeschlossene Insol­ven­zver­fahren. Die Beklagte hat die Auf­fas­sung vertreten, dass solche Insol­ven­zver­wal­ter­vergü­tun­gen von der Abrede nicht erfasst würden.

Das Lan­desar­beits­gericht hat der Klage teil­weise stattgegeben. Die Revi­sion der Beklagten hat­te vor dem Sech­sten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts weit über­wiegend Erfolg, die der Klägerin war erfolglos. 

Die Parteien haben mit der stre­it­be­fan­genen Klausel nur die Voraus­ab­tre­tung von Insol­ven­zver­wal­ter­vergü­tun­gen geregelt, die noch im beste­hen­den Arbeitsver­hält­nis beantragt wur­den. In dieser Ausle­gung ist die Vere­in­barung wirk­sam, ins­beson­dere ste­ht sie nicht im Wider­spruch zu der per­sön­lichen Stel­lung des Insol­ven­zver­wal­ters und ist nicht unangemessen iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Eine — rechtlich grund­sät­zlich mögliche — Abtre­tungsvere­in­barung über Insol­ven­zver­wal­ter­vergü­tun­gen für begonnene, aber erst nach dem Auss­chei­den der Beklagten aus dem Arbeitsver­hält­nis von dieser abgeschlossene Insol­ven­zver­fahren enthält die Klausel dage­gen nicht. Eine solche fol­gt auch nicht aus ein­er ergänzen­den Ver­tragsausle­gung, da mehrere gle­ich­w­er­tige Möglichkeit­en zur Schließung ein­er etwaigen plan­widri­gen Regelungslücke in Betra­cht kom­men. Andere Anspruchs­grund­la­gen, die die Beklagte verpflichteten, nach dem 1. Novem­ber 2012 beantragte Insol­ven­zver­wal­ter­vergü­tun­gen an die Klägerin auszukehren, beste­hen nicht. Dementsprechend hat die Klägerin allein für ein noch während des beste­hen­den Arbeitsver­hält­niss­es zu Ende geführtes Insol­ven­zver­fahren Anspruch auf die von der Beklagten erhal­tene Insolvenzverwaltervergütung.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/r…