ein Artikel von Recht­san­walt und Fachan­walt für Arbeit­srecht Volk­er Görzel, Köln

Die Unternehmen sind nun verpflichtet, bei ihren Mitar­beit­ern Coro­nat­ests durchzuführen — Alle wichti­gen Fra­gen auf einen Blick!

Seit dem 13. April gilt für Unternehmen die Testpflicht.

Aber welche arbeit­srechtlichen Vor­gaben sind bei der Durch­führung von Coro­nat­ests im Betrieb zu beacht­en? Wir klären die wichtig­sten Fra­gen in diesem Artikel!

Wann und wie oft muss das Tes­tange­bot im Betrieb gemacht wer­den? Müssen Tests doku­men­tiert werden?

Alle Unternehmen, in denen nicht aus­nahm­s­los im Home­of­fice gear­beit­et wird müssen ihren Beschäftigten grund­sät­zlich ein Tes­tange­bot pro Woche machen. Nur aus­nahm­sweise darf die Verpflich­tung zwei Tests pro Woche umfassen, ins­beson­dere für Mitar­beit­er, die regelmäßi­gen Kun­denkon­takt haben. Bei der beschlosse­nen Verpflich­tung han­delt es sich allerd­ings nur um eine Ange­bot­spflicht seit­ens der Arbeit­ge­ber, eine Testpflicht für die Arbeit­nehmer gibt es nicht. Unternehmen müssen bish­er nicht doku­men­tieren, dass ihre Mitar­beit­er die Tests auch tat­säch­lich in Anspruch nehmen. Es würde also aus­re­ichen, den Beschäftigten die Selb­sttests ein­fach nach Hause zu schick­en oder die Tests frei im Büro zugänglich zu machen

Wer trägt die Kosten für die Corona-Tests?

Die Kos­ten­tra­gung für die Tests soll nach aktuellem Stand bei den Unternehmen liegen. Staat­shil­fen sind bish­er noch nicht in Aus­sicht. Der Wirtschaft­srat der CDU geht davon aus, dass die Tests die deutschen Unternehmen monatlich mehr als sieben Mil­liar­den Euro kosten werden.

Dür­fen Arbeit­ge­ber den Coro­na-Test verpflich­t­end gegenüber Arbeit­nehmern anordnen?

Nein. Die beschlossene Pflicht zum Ange­bot eines Tests durch den Arbeit­ge­ber ist nicht gle­ichbe­deu­tend mit der Pflicht der Arbeit­nehmer, sich testen zu lassen. Eine solche generelle Pflicht wurde durch das Bun­desk­abi­nett ger­ade nicht beschlossen. Ob Arbeit­ge­ber ihre Mitar­beit­er zur Durch­führung solch­er Tests verpflicht­en kön­nen, ist vom jew­eili­gen Einzelfall anhängig.

Einige Bun­deslän­der – darunter Bay­ern, Nor­drhein-West­falen und Hes­sen – haben in ihren Coro­naschutzverord­nun­gen bere­its eine Testpflicht für Pflegeper­son­al in Heimen oder für Mitar­beit­er ambu­lanter Pflege­di­en­ste geregelt. Ob ein PCR-Test bzw. Anti­gen-Schnell­test erforder­lich ist oder ob ein Selb­sttest aus­re­icht, ist von Bun­des­land zu Bun­des­land unter­schiedlich. In Sach­sen müssen sich seit Mitte März Verkäufer und andere Beschäftigte mit direk­tem Kun­denkon­takt ein­mal pro Woche testen lassen (§ 3a Abs. 2 Säch­sCoro­naSch­VO). Für die Kosten muss der Arbeit­ge­ber aufkommen.

Kommt eine Testpflicht aus­nahm­sweise bei Coro­na-typ­is­chen Symp­tomen in Betracht?

Das ist möglich. Unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen kön­nte den­noch die Pflicht zur Durch­führung eines Coro­na-Tests ver­langt wer­den. Zu beacht­en ist, dass ein Coro­nat­est einen Ein­griff in die kör­per­liche Integrität und das all­ge­meine Per­sön­lichkeit­srecht darstellt. Zugle­ich wer­den sen­si­ble Gesund­heits­dat­en des Arbeit­nehmers ver­ar­beit­et. Unter arbeits- und daten­schutzrechtlichen Gesicht­spunk­ten ist eine verpflich­t­ende Tes­tanord­nung daher nur möglich, wenn das Inter­esse des Arbeit­ge­bers an der Durch­führung eines Tests die arbeit­nehmer­seits betrof­fe­nen Grun­drechte über­wiegt. Davon ist auszuge­hen, wenn Arbeit­nehmer Coro­na-typ­is­che Symp­tome wie Hus­ten oder Fieber haben. Auch in Bezug auf Mitar­beit­er, die in Kon­takt mit ein­er Ver­dachtsper­son gekom­men sind, wäre ein verpflich­t­en­der Test wohl möglich. Ähn­lich­es gilt, wenn Min­destab­stände nicht einge­hal­ten wer­den kön­nen oder Kon­takt zu Risiko­grup­pen beste­ht. Ob das Inter­esse des Arbeit­ge­bers, Tests verbindlich anzuord­nen und damit einen Infek­tion­saus­bruch im Betrieb zu ver­hin­dern, tat­säch­lich über­wiegt, ist immer vom konkreten Einzelfall abhängig. Dabei muss das aktuelle Infek­tion­s­geschehen und die Art des Tests berück­sichtigt wer­den. Denn die mit­tler­weile zuge­lasse­nen Selb­sttests stellen einen weniger inva­siv­en Ein­griff dar als etwa PCR-Tests oder Anti­gen-Schnell­tests. Schließlich muss für einen Schnell­test nur eine Probe im vorderen Bere­ich der Nase ent­nom­men wer­den. Das wird in der Regel als weniger unan­genehm emp­fun­den als ein Rachen­ab­strich und birgt mut­maßlich ein gerin­geres Verletzungsrisiko.

Gerichtliche Entschei­dun­gen lassen auf sich warten

Arbeits­gerichte wer­den sich wohl in abse­hbar­er Zeit mit den hier aufge­wor­fe­nen Fra­gen beschäfti­gen müssen. Bish­er hat sich nur das Arbeits­gericht Offen­bach mit dieser Frage auseinan­derge­set­zt – und das nur mit­tel­bar. Im Eil­ver­fahren machte ein Arbeit­nehmer gel­tend, dass der Arbeit­ge­ber die Beschäf­ti­gung nicht von der Durch­führung eines PCR-Tests abhängig machen dürfe. Im Rah­men ein­er Betrieb­svere­in­barung hat­ten Arbeit­ge­ber und Betrieb­srat vere­in­bart, dass Arbeit­nehmern ohne neg­a­tiv­en Coro­nat­est der Zutritt zum Werks­gelände ver­weigert wer­den kann. Da das Gericht eine Eilbedürftigkeit verneinte, wurde das Ver­fahren – ohne Entschei­dung in der Sache – abgewiesen.

Den­noch lassen sich aus der Entschei­dung erste Beurteilungs­maßstäbe ableit­en. Die Tat­sache, dass das Gericht den Antrag nicht zur Entschei­dung angenom­men hat, ist ein Indiz dafür, dass durch­greifende Bedenken aus Sicht der Richter nicht beste­hen. Auf­grund der weitre­ichen­den wirtschaftlichen und gesund­heitlichen Kon­se­quen­zen der Pan­demie erscheint es nicht unwahrschein­lich, dass auch andere Gerichte dem Nutzen präven­tiv­er Massen­tests im Betrieb einen beson­ders hohen Stel­len­wert ein­räu­men wer­den – jeden­falls solange noch nicht aus­re­ichend Impf­stoff zur Ver­fü­gung steht.

Welche Kon­se­quen­zen gel­ten für Testver­weiger­er im Betrieb?

Arbeit­nehmer, die einen Test ablehnen, obwohl der Arbeit­ge­ber einen solchen anord­nen durfte, müssen mit arbeit­srechtlichen Kon­se­quen­zen rech­nen. Im Falle ein­er unberechtigten Testver­weigerung bietet der Arbeit­nehmer seine Arbeit­sleis­tung nicht ord­nungs­gemäß an. Der Arbeit­ge­ber darf dann die Arbeit­sleis­tung ablehnen und den Arbeit­nehmer unbezahlt freis­tellen. Da der Arbeit­nehmer zugle­ich gegen seine arbeitsver­traglichen Nebenpflicht­en ver­stößt, kann der Arbeit­ge­ber dieses Ver­hal­ten abmah­nen und das Arbeitsver­hält­nis im ein­schlägi­gen Wieder­hol­ungs­fall unter Umstän­den sog­ar kündigen.

Der Autor ist Mit­glied des VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­san­wälte e. V.

Für Rück­fra­gen ste­ht Ihnen der Autor gerne zur Verfügung.

Volk­er Görzel
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