(Stuttgart) Die Auf­forderung eines Arbeit­ge­bers an die in seinem Unternehmen beschäftigten Arbeit­nehmer zu erk­lären, ob sie ein­er bes­timmten Gew­erkschaft ange­hören, kann die Koali­tions­betä­ti­gungs­frei­heit der betrof­fe­nen Gew­erkschaft unzuläs­sig einschränken.

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­de­sar­beits­gerichts vom 18.11.2014 zu seinem Urteil vom sel­ben Tage, Az. 1 AZR 257/13.

Die Klägerin — die Gew­erkschaft Deutsch­er Loko­mo­tivführer (GDL) — ist Mit­glied der dbb tar­i­fu­nion. Die beklagte Arbeit­ge­berin gehört dem Kom­mu­nalen Arbeit­ge­berver­band Bay­ern e.V. (KAV Bay­ern) an. Dieser schloss im Jahr 2006 mit ver.di und der dbb tar­i­fu­nion jew­eils einen gle­ich­lau­t­en­den „Tar­ifver­trag Nahverkehrs­be­triebe Bay­ern”. Nach deren Kündi­gun­gen und zunächst gemein­sam geführten Ver­hand­lun­gen erzielte ver.di mit dem KAV Bay­ern am 20. August 2010 eine Eini­gung. Die dbb tar­i­fu­nion erk­lärte die Ver­hand­lun­gen am 25. August 2010 für gescheit­ert und kündigte die Durch­führung ein­er Urab­stim­mung über Streik­maß­nah­men an. Mit Schreiben vom sel­ben Tag forderte die Arbeit­ge­berin die in ihrem Unternehmen beschäftigten Arbeit­nehmer auf, unter Angabe von Name und Per­son­al­num­mer mitzuteilen, ob man Mit­glied in der GDL ist oder nicht.

Die GDL hat von der Arbeit­ge­berin ver­langt, es zu unter­lassen, die in ihrem Unternehmen beschäftigten Arbeit­nehmer nach ein­er Mit­glied­schaft in der GDL zu befra­gen. Eine solche Frage ver­let­ze ihre durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koali­tions­frei­heit und sei generell unzuläs­sig. Das Arbeits­gericht hat dem Antrag stattgegeben, das Lan­desar­beits­gericht hat ihm mit Ein­schränkun­gen entsprochen. Der Erste Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts hat den Antrag ins­ge­samt abgewiesen.

Zwar beein­trächtigt die Frage­bo­ge­nak­tion die kollek­tive Koali­tions­frei­heit der GDL. Art. 9 Abs. 3 GG schützt als koali­tion­s­mäßige Betä­ti­gung den Abschluss von Tar­ifverträ­gen und hier­auf gerichtete Arbeit­skampf­maß­nah­men. Die geforderte Auskun­ft ver­schafft der Arbeit­ge­berin genaue Ken­nt­nis vom Umfang und Verteilung des Mit­gliederbe­stands der GDL in ihrem Betrieb. Sie zielt nach Art und Weise der Befra­gung während ein­er laufend­en Tar­i­fau­seinan­der­set­zung mit Streikan­dro­hung darauf ab, den Ver­hand­lungs­druck der GDL unter Zuhil­fe­nahme ihrer Mit­glieder zu unter­laufen. Das von der Arbeit­ge­berin vorge­brachte Inter­esse, die mit ver.di erzielte Tar­ifeini­gung umzuset­zen, recht­fer­tigt eine solche Befra­gung nicht.

Gle­ich­wohl hat­te der nicht auf den vorste­hen­den Sachver­halt beschränk­te, son­dern alle denkbaren Fallgestal­tun­gen umfassende Unter­las­sungsantrag der GDL aus delik­t­srechtlichen Grün­den keinen Erfolg. Der Sen­at hat­te daher nicht darüber zu befind­en, ob in einem soge­nan­nten tar­if­plu­ralen Betrieb grund­sät­zlich ein Fragerecht des Arbeit­ge­bers nach der Gew­erkschaft­szuge­hörigkeit beste­ht oder nicht. Die weit­eren Unter­las­sungsanträge der GDL waren aus ver­fahren­srechtlichen Grün­den abzuweisen.
Henn emp­fahl, die Entschei­dung zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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