(Stuttgart) Ist eine Betrieb­sän­derung iSd. § 111 BetrVG geplant und schließen der Insol­ven­zver­wal­ter und der Betrieb­srat darüber einen Inter­esse­naus­gle­ich mit Namensliste, wird nach § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO ver­mutet, dass die Kündi­gung des in der Namensliste aufge­führten Arbeit­nehmers durch drin­gende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bed­ingt ist. 

Im Zeit­punkt des Abschlusses des Inter­esse­naus­gle­ichs muss sich die Betrieb­sän­derung noch in der Pla­nungsphase befind­en, damit dem Betrieb­srat entsprechend dem Zweck des § 111 BetrVG eine Ein­flussnahme auf die unternehmerische Entschei­dung möglich ist.

Darauf ver­weist der Kiel­er Fachan­walt für Arbeit­srecht Jens Klar­mann, Vizepräsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­de­sar­beits­gerichts (BAG) zu seinem Urteil vom 17. August 2023 – 6 AZR 56/23.

Der Kläger war seit 2011 bei der Insol­ven­zschuld­ner­in, einem Unternehmen der Her­stel­lung und des Ver­triebs von Spezial­pro­filen aus Stahl und Stahlerzeug­nis­sen mit ca. 400 Arbeit­nehmern, tätig. Der beklagte Insol­ven­zver­wal­ter schloss vor dem Hin­ter­grund ein­er geplanten Betrieb­sstil­l­le­gung mit dem bei der Schuld­ner­in gebilde­ten Betrieb­srat am 29. Juni 2020 einen Inter­esse­naus­gle­ich mit drei ver­schiede­nen, ins­ge­samt sämtliche Arbeit­nehmer auf­führen­den Namenslis­ten. Der Kläger war auf der zweit­en Liste namentlich genan­nt. Nach Unterze­ich­nung des Inter­esse­naus­gle­ichs kündigte der Insol­ven­zver­wal­ter das Arbeitsver­hält­nis des Klägers betrieb­s­be­d­ingt mit Schreiben vom 29. Juni 2020 zum 31. Mai 2021 und wegen ein­er behaupteten Schwer­be­hin­derung vor­sor­glich ein weit­eres Mal mit Schreiben vom 20. August 2020 zum sel­ben Kündi­gung­ster­min. Das Lan­desar­beits­gericht hat die Kündi­gun­gen als unwirk­sam angesehen.

Die Revi­sion des Beklagten hat­te vor dem Sech­sten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts Erfolg. Die Kündi­gung vom 20. August 2020 hat das Arbeitsver­hält­nis des Klägers, der recht­skräftig fest­gestellt keinen beson­deren Kündi­gungss­chutz infolge ein­er Schwer­be­hin­derung genießt, wirk­sam zum 31. Mai 2021 been­det. Die Kündi­gung ist jeden­falls auf­grund der Ver­mu­tung des § 125 Abs. 1 Nr. 1 InsO, dass sie durch drin­gende betriebliche Erfordernisse bed­ingt ist, wirk­sam. Der Beklagte hat – ent­ge­gen der Annahme des Lan­desar­beits­gerichts – hin­re­ichend dargelegt, dass die der Kündi­gung zugrunde liegende Betrieb­sän­derung iSd. § 111 BetrVG gem. § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO geplant war. Die dies­bezügliche Ver­mu­tungswirkung hat der Kläger nicht wider­legt. Auf die Wirk­samkeit der zum sel­ben Beendi­gung­ster­min aus­ge­sproch­enen Kündi­gung vom 29. Juni 2020 und die im Lauf des Ver­fahrens von den Parteien erörterten prozes­sualen Prob­leme kam es für die Entschei­dung des Sen­ats daher nicht an.

Klar­mann emp­fahl, dies zu beacht­en sowie in Zweifels­fällen, um Recht­srat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

 

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