(Stuttgart) Viele Unternehmen stellt die Coro­na-Krise bei den Urlaub­sregelun­gen vor neue Her­aus­forderun­gen. Welche Auswirkun­gen hat etwa Kurzarbeit auf die Urlaubsansprüche?

Die Recht­slage erk­lärt der Köl­ner Fachan­walt für Arbeit­srecht Volk­er Görzel, Leit­er des Fachauss­chuss­es „Betrieb­sver­fas­sungsrecht und Mitbes­tim­mung“ des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart.

  • Viele Arbeit­nehmer befind­en sich derzeit noch in Kurzarbeit. Wie wirkt sich das auf die Anzahl der Urlaub­stage und das Urlaub­sent­gelt aus?

Das Urlaub­sent­gelt ist davon gar nicht betrof­fen. Anders sieht es beim Urlaub­sanspruch aus. Dieser kann sich dann reduzieren, wenn Mitar­beit­er in Kurzarbeit regelmäßig an weniger Tagen in der Woche arbeit­en als vorher. Dann kann der Urlaub­sanspruch anteilig für den betr­e­f­fend­en Zeitraum in dem Maße reduziert wer­den, wie sich die Arbeit­szeit in diesem Zeitraum ver­ringert hat. Ander­er­seits bedeutet das: Arbeit­en Angestellte in Kurzarbeit zum Beispiel weit­er­hin fünf Tage die Woche, nur eben an manchen oder allen Tagen kürz­er, ändert sich der Urlaub­sanspruch nicht.

  • Darf ich meinen bere­its genehmigten Urlaub „zurück­geben“? Darf ich meinen Urlaub fürs näch­ste Jahr aufsparen?

Damit dem Erhol­ungszweck des Urlaubs genüge getan wird, muss der Urlaub tat­säch­lich genom­men wer­den. Ein Auf­s­paren des Urlaubs oder ein Auszahlen ist im beste­hen­den Arbeitsver­hält­nis nicht möglich. § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG verpflichtet dazu, den Urlaub im laufend­en Kalen­der­jahr zu gewähren und zu nehmen. Eine Auszahlung von Urlaub­sansprüchen ist nur aus­nahm­sweise bei Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es möglich, wenn der Urlaub wegen der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es tat­säch­lich nicht mehr gewährt wer­den kon­nte (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

Auch darf nur Urlaub, der im laufend­en Jahr aus drin­gen­den betrieblichen oder per­sön­lichen Grün­den wie etwa Krankheit nicht erteilt wer­den kon­nte, in das Fol­ge­jahr über­tra­gen wer­den. Er ist dann aber auch bis zum 31. März des Fol­ge­jahres zu gewähren und ver­fällt andern­falls (§ 7 Abs. 3 S. 2, 3 BUrlG).

Heißt trotz der aktuellen Coro­na-Pan­demie: Die Idee, seinen Urlaub 2020 gän­zlich aufzuheben, um dann 2021 den dop­pel­ten Urlaub gel­tend zu machen, ist arbeit­srechtlich nicht möglich. Auch eine „Rück­gabe“ bere­its genehmigten Urlaubs ist arbeit­srechtlich nicht ein­seit­ig möglich. Das Argu­ment, dass der Urlaub jet­zt ja „nicht wirk­lich genutzt“ wer­den könne, ändert daran nichts. Den für 2020 vere­in­barten Urlaubs zurück­zunehmen ist nur mit Ein­ver­ständ­nis des Arbeit­ge­bers möglich.

  • Viele Arbeit­nehmer wer­den ihre Urlaub­spläne für diesen Som­mer geän­dert haben und wollen daher lieber in der zweit­en Jahreshälfte ver­reisen. Darf der Arbeit­ge­ber seinen Mitar­beit­ern vorschreiben, den­noch vorschreiben, dass sie einige Tage Urlaub im Som­mer nehmen müssen?

Grund­sät­zlich darf der Arbeit­nehmer frei entschei­den, wann er Urlaub nimmt, und der Arbeit­ge­ber muss diese Wün­sche auch so berück­sichti­gen. Allerd­ings haben Unternehmen das Recht, Urlaub­santräge abzulehnen, wenn sie dies mit drin­gen­den betrieblichen Inter­essen begrün­den kön­nen. Dazu kann etwa zählen, dass nicht alle Mitar­beit­er ein­er Abteilung gle­ichzeit­ig abwe­send sein kön­nen, wenn dadurch die Arbeitsabläufe im Unternehmen nicht mehr funktionieren.

Auf die aktuelle Lage der Coro­na-Krise bezo­gen bedeutet das, dass Arbeit­ge­ber ihren Mitar­beit­ern zwar keine Urlaub­ster­mine vorschreiben dür­fen, sie kön­nen aber die Angestell­ten bit­ten, nicht den gesamten Urlaub in der zweit­en Jahreshälfte zu nehmen, da dann wom­öglich nicht gewährleis­tet ist, dass auch alle Anträge genehmigt wer­den können.

  • Darf ein Arbeit­ge­ber seinen Angestell­ten ver­bi­eten, in Risiko­ge­bi­eten Urlaub zu machen?

Nein, das kann der Arbeit­ge­ber nicht. Ob und wohin jemand während seines Urlaubs ver­reist, ist reine Pri­vat­sache. Allerd­ings kann der Arbeit­ge­ber unter Umstän­den die Ent­gelt­fortzahlung im Krankheits­fall ver­weigern. Dies geht, wenn der Arbeit­nehmer selb­stver­schuldet arbeit­sun­fähig gewor­den ist. Bei einem Urlaub in einem Risiko­ge­bi­et ohne trifti­gen Grund – ein solch­er kön­nte z.B. die Hochzeit eines in diesem Gebi­et leben­den Fam­i­lien­mit­glieds sein –, kann man ein Ver­schulden annehmen.

Görzel emp­fahl, dies zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Volk­er Görzel
Recht­san­walt, Fachan­walt für Arbeitsrecht
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