(Stuttgart) Weil er sein­er Für­sorgepflicht nicht nachkam, haftet ein Arbeit­ge­ber für die Kosten der abge­sagten Hochzeit sein­er Mitarbeiterin.

Darauf ver­weist der Köl­ner Fachan­walt für Arbeit­srecht Volk­er Görzel, Leit­er des Fachauss­chuss­es „Betrieb­sver­fas­sungsrecht und Mitbes­tim­mung“ des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf ein Urteil des Lan­desar­beits­gerichts (LG) München vom 14.02.2022 — 4 Sa 457/21.

Ein Arbeit­ge­ber, der seine Für­sorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten ver­let­zt, haftet für die Fol­gen die daraus entste­hen. Vor allen Din­gen während der Coro­n­a­pan­demie sind diese Für­sorgepflicht­en noch weitre­ichen­der gewe­sen. Erscheint ein Geschäfts­führer mit Erkäl­tungssymp­tomen auf der Arbeit und unter­lässt es dann auch noch im Kon­takt mit Kol­le­gen eine Maske zu tra­gen, so haftet er für die Schä­den die auf­grund ein­er Coro­n­ain­fek­tion bei seinen Mitar­bei­t­en­den entstehen.

Arbeit­ge­ber haben alle zumut­baren Maß­nah­men zu ergreifen, um die eigene Belegschaft vor ein­er Ansteck­ung mit Covid-19 zu schützen. Wenn ein Geschäfts­führer während der Pan­demie mit Coro­nasymp­tomen zur Arbeit kommt und bei beru­flichen Fahrten keine Maske trägt, oder Abstand wahrt, ver­let­zt seine Für­sorgepflicht gegenüber Mitar­bei­t­en­den, entsch­ied jet­zt das Lan­desar­beits­gericht München. Daher haftet der Arbeit­ge­ber in der Kon­se­quenz auch für ent­standene Schä­den und hat im vor­liegen­den Fall die Kosten für eine abge­sagte Hochzeit zu tragen.

  • Während Coro­n­a­pan­demie mit Erkäl­tungssymp­tomen zur Arbeit? 

Wegen der Absage ihrer Hochzeits­feier im August 2020 hat­te eine Immo­bilien­mi­tar­bei­t­erin ihren Arbeit­ge­ber vor Gericht auf Schadenser­satz verk­lagt. Der Grund: Sie war Anfang des Monats mehrfach beru­flich mit ihrem Vorge­set­zten zu Eigen­tümerver­samm­lun­gen unter­wegs. Dieser hat­te Erkäl­tungssymp­tome, eine Maske tru­gen bei­de auf den Aut­o­fahrten nicht. Nach­dem der Chef einen coro­n­a­pos­i­tiv­en Befund bekam, musste die Mitar­bei­t­erin als Kon­tak­t­per­son auf Anord­nung des Gesund­heit­samtes in Quar­an­täne. Ihre geplante Trau­ung Ende August 2020 fiel damit ins Wass­er. Zur kirch­lichen Feier waren 99 Gäste ein­ge­laden. Die Blu­men und das Essen mussten storniert wer­den, eben­so wie die Loca­tion. Eine Band kon­nte nicht spie­len und auch die geplante Hochzeit­sreise musste ver­schoben werden.

  • Arbeit­ge­ber ver­let­zt Für­sorgepflicht und ver­schuldet Quarantäne

Das Lan­desar­beits­gericht München bestätigte das Urteil der Vorin­stanz (Arbeits­gericht Regens­burg). Es entsch­ied, dass der Arbeit­ge­ber der Arbeit­nehmerin den ent­stande­nen Schaden erset­zen muss.  Der Arbeit­ge­ber hat durch seinen Geschäfts­führer die ihm nach § 241 Abs. 2 BGB obliegende Für­sorgepflicht gegenüber der Arbeit­nehmerin ver­let­zt, indem der erkrank­te Geschäfts­führer, trotz sein­er Erkäl­tungssymp­tome, län­gere Zeit beru­flich mit ihr im Auto gefahren sei. Zudem habe der Geschäfts­führer grob gegen die öffentlich-rechtlichen Arbeitss­chutzpflicht­en der SARS-CoV2- Arbeitss­chutz­s­tan­dards ver­stoßen. Nach den damals gel­tenden Arbeitss­chutzregeln war dauer­haft ein Abstand von min­destens 1,5 Metern einzuhal­ten. Zudem hat­ten erkrank­te Betrieb­sange­hörige zuhause zu bleiben.

  • Pflichtver­let­zung führte zur Hochzeitsabsage

Die Pflichtver­let­zung war auch ursäch­lich für den Schaden. Der Geschäfts­führer hätte in der Sit­u­a­tion ein anderes Ver­hal­ten an den Tag leg­en müssen, um sein­er Für­sorgepflicht nachzukom­men. Wäre er nicht erkrankt ins Büro gekom­men oder hätte er zumin­d­est den notwendi­gen Abstand zur Arbeit­nehmerin gewahrt, wäre gegen die diese keine Quar­an­täneanord­nung ergan­gen. Damit hätte bei pflicht­gemäßen Alter­na­tivver­hal­ten auch die geplante Hochzeit stat­tfind­en können.

Ein Mitver­schulden der Arbeit­nehmerin kon­nten die Richter nicht fest­stellen. Es habe nicht von ihr erwartet wer­den kön­nen, dass sie von ihrem Vorge­set­zten ver­lange den notwendi­gen Abstand einzuhal­ten, hieß es in der Urteils­be­grün­dung. Damit hat der Arbeit­ge­ber Schadenser­satz für die Hochzeit zu leisten.

Görzel emp­fahl, dies zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – ver­wies.

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