(Stuttgart) Der gew­erkschaftliche Anspruch auf Unter­las­sung der Durch­führung tar­ifwidriger Betrieb­svere­in­barun­gen nach § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 9 Abs. 3 GG erfordert eine unmit­tel­bare und zwin­gende Tar­ifge­bun­den­heit des in Anspruch genomme­nen Arbeit­ge­bers an die maßgeben­den Tar­if­bes­tim­mungen. Endet diese, kann das Recht auf koali­tion­s­gemäße Betä­ti­gung durch von diesem Tar­ifver­trag abwe­ichende betriebliche Regelun­gen nicht mehr beein­trächtigt wer­den. 

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­de­sar­beits­gerichts (BAG) zu seinem Beschluss vom 25. Jan­u­ar 2023 – 4 ABR 4/22 –.

Die Arbeit­ge­berin betreibt ein Eisen­bah­n­verkehrsun­ternehmen und ist Mit­glied in einem Arbeit­ge­berver­band. Dieser vere­in­barte mit der antrag­stel­len­den und ein­er weit­eren Gew­erkschaft Tar­ifverträge, die ua. Regelun­gen zur Dienst- und Schicht­pla­nung mit unter­schiedlich aus­gestal­teten Tar­iföff­nungsklauseln vor­sa­hen. Die Tar­ifver­tragsparteien hat­ten eine Anwen­dung des § 4a Abs. 2 TVG bis zum 31. Dezem­ber 2020 abbedun­gen. Im Jahr 2019 schloss die Arbeit­ge­berin mit dem bei ihr beste­hen­den Betrieb­srat eine Betrieb­svere­in­barung zur Schicht- und Ein­satz­pla­nung. Die antrag­stel­lende Gew­erkschaft hat die Arbeit­ge­berin auf Unter­las­sung der Durch­führung dieser Betrieb­svere­in­barung in Anspruch genom­men. Die Betrieb­svere­in­barung ver­stoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG und ver­let­ze ihre Koali­tions­frei­heit. Die Vorin­stanzen haben die Anträge abgewiesen. Im Ver­lauf des Rechts­beschw­erde­v­er­fahrens hat die antrag­stel­lende Gew­erkschaft mit der Arbeit­ge­berin im Feb­ru­ar 2022 Nach­fol­ge­tar­ifverträge vereinbart.

Die Rechts­beschw­erde der Gew­erkschaft hat­te vor dem Vierten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts keinen Erfolg.

Die Tar­ifverträge, auf welche die Gew­erkschaft ihren Unter­las­sungsanspruch aus § 1004 Abs. 1, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 9 Abs. 3 GG gestützt hat, gel­ten auf­grund ihrer Ablö­sung durch die Nach­fol­ge­tar­ifverträge nicht mehr unmit­tel­bar und zwin­gend. Die Gew­erkschaft kon­nte den Unter­las­sungsanspruch auch nicht auf § 23 Abs. 3 iVm. § 77 Abs. 3 BetrVG stützen. Der Sen­at musste nicht entschei­den, ob ein Ver­stoß gegen § 77 Abs. 3 BetrVG einen Unter­las­sungsanspruch nach § 23 Abs. 3 BetrVG begrün­den kann. Die Betrieb­svere­in­barung ver­stößt zwar gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, da die Schicht- und Ein­satz­pla­nung bere­its im Tar­ifver­trag der antrag­stel­len­den Gew­erkschaft geregelt war. In Anbe­tra­cht der schwieri­gen und ungek­lärten Rechts­fra­gen, die sich im Fall der Anwend­barkeit kol­li­dieren­der Tar­ifverträge mit unter­schiedlichen Öff­nungsklauseln für betriebliche Regelun­gen stellen, hat das Lan­desar­beits­gericht aber einen groben Ver­stoß in nicht zu bean­standen­der Weise verneint. Auf die von der Gew­erkschaft ange­führte Ver­fas­sungswidrigkeit des § 4a TVG kam es für die Entschei­dung des Sen­ats nicht an.

Henn emp­fahl, die Entschei­dung zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAAVer­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – ver­wies.

Für Rück­fra­gen ste­ht Ihnen zur Verfügung:

Michael Henn
Rechtsanwalt
Fachan­walt für Erbrecht
Fachan­walt für Arbeitsrecht
VDAA – Präsident
Recht­san­wälte Dr. Gaupp & Coll
Kro­n­prinzstr. 14

70173 Stuttgart
Tel.: 0711/30 58 93–0
Fax: 0711/30 58 93–11
stuttgart@drgaupp.de
www.drgaupp.de