(Stuttgart) Eine Regelung in einem Tar­ifver­trag, nach der sich der Zuschlag für Nachtar­beit hal­biert, wenn sie inner­halb eines Schicht­sys­tems geleis­tet wird, kann gegen den all­ge­meinen Gle­ich­heitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­de­sar­beits­gerichts zu seinem Urteil vom 9. Dezem­ber 2020 — 10 AZR 334/20.

Die Beklagte betreibt eine Brauerei in Ham­burg. Der Kläger leis­tet dort Schichtar­beit. Nach dem Man­teltar­ifver­trag für die Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmer in den Brauereien und deren Nieder­las­sun­gen in Ham­burg und Schleswig-Hol­stein ist für Arbeit in der Nachtschicht von 22:00 Uhr bis 06:00 Uhr ein Zuschlag von 25 % zum Stun­de­nent­gelt zu zahlen. Für Nachtar­beit, die in dem­sel­ben Zeitraum außer­halb eines Schicht­sys­tems erbracht wird, sieht der Tar­ifver­trag einen Zuschlag von 50 % vor. Der Kläger meint, die Hal­bierung des Zuschlags für Nachtschichtar­beit wider­spreche den gesicherten arbeitsmedi­zinis­chen Erken­nt­nis­sen. Danach gehen von regelmäßiger Nachtschichtar­beit erhe­blich gravieren­dere Gesund­heits­ge­fahren aus als von gele­gentlich geleis­teter Nachtar­beit. Mit sein­er Klage will der Kläger fest­gestellt wis­sen, dass die Beklagte den Zuschlag von 50 % auch für die Nachtschicht zu zahlen hat. Die Beklagte hält die Tar­ifnorm für wirk­sam. Der höhere Zuschlag solle eine beson­dere Belas­tung der unvor­bere­it­et zu Nachtar­beit herange­zo­ge­nen Arbeit­nehmer aus­gle­ichen. Sie büßten die Dis­po­si­tion­s­möglichkeit über ihre Freizeit in der entsprechen­den Nacht ein.

Die Vorin­stanzen haben die Klage abgewiesen. Die dage­gen gerichtete Revi­sion des Klägers hat­te vor dem Zehn­ten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts Erfolg.

Nachtar­beit­nehmer und Nachtschichtar­beit­nehmer sind nach Auf­fas­sung des Sen­ats miteinan­der ver­gle­ich­bar. Nach dem Man­teltar­ifver­trag ist bei der Durch­führung von Nachtar­beit außer­halb von Schicht­sys­te­men auf pri­vate und kul­turelle Wün­sche der Beschäftigten weit­ge­hend Rück­sicht zu nehmen. Der höhere Zuschlag für Nachtar­beit­nehmer kann daher nicht den Zweck haben, ihre Freizeit vor Ein­grif­f­en durch den Arbeit­ge­ber zu schützen. Andere sach­liche Gründe, die die schlechtere Behand­lung der Nachtschichtar­beit­nehmer recht­fer­ti­gen kön­nten, lassen sich dem Man­teltar­ifver­trag nicht ent­nehmen. Der Kläger kann den höheren Zuschlag ver­lan­gen, um mit den nicht regelmäßig nachts Arbei­t­en­den gle­ich­be­han­delt zu wer­den (sog. Anpas­sung nach oben).

Henn emp­fahl, die Entschei­dung zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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