(Stuttgart) Eine Frau wird gekündigt – ohne zu wissen, dass sie schwanger ist. Als der Arzt die Schwangerschaft bestätigt, ist die reguläre Frist für eine Kündigungsschutzklage schon abgelaufen.

Doch das Bundesarbeitsgericht (BAG) sorgt jetzt für Klarheit, so der Kölner Fachanwalt für Arbeitsrecht Volker Görzel, Leiter des Fachausschusses „Betriebsverfassungsrecht und Mitbestimmung“ des VDAA – Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart: Auch verspätete Klagen sind möglich – und zulässig! 

Neue Hoffnung für schwangere Arbeitnehmerinnen 

Werdende Mütter können eine Kündigung auch dann noch angreifen, wenn sie erst nach Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist von ihrer Schwangerschaft erfahren. Das hat das BAG am 3. April 2025 entschieden (Az.: 2 AZR 156/24). Entscheidend sei: Der Zeitpunkt der ärztlichen Feststellung der Schwangerschaft, nicht der positive Urintest.

Urteil mit Signalwirkung: Schwangerschaft schützt – auch verspätet!

Im verhandelten Fall wurde eine medizinische Fachkraft aus der Augenheilkunde zum Monatsende Juni gekündigt. Die schriftliche Kündigung erhielt sie am 14. Mai 2022. Zwei Wochen später machte sie einen Schwangerschaftstest – positiv! Doch der Frauenarzt bestätigte die Schwangerschaft erst am 17. Juni.

Schwangerschaftstest ≠ ärztliche Gewissheit

Wichtig: Ein positiver Schwangerschaftstest reicht nicht aus. Rechtlich zählt nur die sichere medizinische Feststellung. Genau das sagt das BAG. Deshalb war die Klage – obwohl zu spät – nachträglich zuzulassen.

Klartext zum Gesetz: Was das Mutterschutzgesetz und KSchG sagen

Grundsätzlich gilt laut § 4 KSchG: Drei Wochen Zeit, um eine Kündigung anzufechten. Doch: § 5 KSchG erlaubt in bestimmten Fällen die nachträgliche Zulassung der Klage – zum Beispiel, wenn eine Frau aus nicht selbst verschuldetem Grund erst später von der Schwangerschaft erfährt.

Im konkreten Fall hatte die Frau ihren Antrag auf nachträgliche Zulassung rechtzeitig innerhalb von zwei Wochen nach dem Arzttermin gestellt – genau wie es § 5 Abs. 3 KSchG verlangt. Gerichte stellen sich klar auf Seite der Arbeitnehmerin.

Der Arbeitgeber war anderer Meinung: Der positive Test sei Grund genug gewesen, die Klage rechtzeitig zu erheben. Doch alle Instanzen – vom Arbeitsgericht über das Landesarbeitsgericht bis zum BAG – widersprachen: Nur der Arztbesuch bringt die nötige Rechtssicherheit.

Fazit: Kündigung war unwirksam – wegen Schwangerschaftsschutz!

Weil die Frau zum Zeitpunkt der Kündigung schwanger war, war diese Kündigung nach § 17 Mutterschutzgesetz unzulässig – und damit unwirksam.

Was bedeutet das für Sie als Arbeitnehmerin?

Wenn Sie nach einer Kündigung von einer Schwangerschaft erfahren, zählt der ärztlich bestätigte Zeitpunkt – nicht der Test zu Hause. Lassen Sie sich rechtlich beraten, bevor Sie resignieren. Auch verspätete Klagen können erfolgreich sein!

Görzel empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. – www.vdaa.de – verwies.

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Volker Görzel
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
HMS. Barthelmeß Görzel Rechtsanwälte
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