Darf der Arbeit­ge­ber Urlaub ein­seit­ig anord­nen, indem er Betrieb­s­fe­rien beschließt? Wann ist Zwang­surlaub zulässig?

(Stuttgart) Die Feiertage ste­hen fast vor der Tür und daher fra­gen sich viele Arbeit­ge­ber, ob sie zwis­chen Wei­h­nacht­en und Sil­vester Betrieb­s­fe­rien anord­nen sollten.

Nun stellt sich aber zwangsläu­fig die Frage, ob und wann genau ein Arbeit­ge­ber dies tun darf: Darf der Arbeit­ge­ber Urlaub ein­seit­ig anord­nen, indem er Betrieb­s­fe­rien beschließt? Wann ist Zwang­surlaub zulässig?

Der Köl­ner Fachan­walt für Arbeit­srecht Volk­er Görzel, Leit­er des Fachauss­chuss­es „Betrieb­sver­fas­sungsrecht und Mitbes­tim­mung“ des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, gibt einen Überblick über die gel­tenden Regelungen.

  • Darf der Arbeit­ge­ber den Urlaub ein­seit­ig anordnen?

Die Antwort auf diese Frage find­et sich in § 7 Abs. 1 BUrlG. Danach hat der Arbeit­ge­ber die Wün­sche des Arbeit­nehmers zu berück­sichti­gen, soweit dem drin­gende betriebliche Belange nicht entgegenstehen.

Damit soll der Arbeit­nehmer seinen Urlaub in Dauer und Lage grund­sät­zlich selb­st bes­tim­men. Dies gilt auch weit­er in der Coro­na-Krise. Lediglich beim Resturlaub aus dem Vor­jahr sieht dies anders aus, der zu einem Stich­tag ver­fällt. Hier kann der Arbeit­ge­ber den Mitar­beit­ern vorgeben, wann sie diesen nehmen sollten.

  • Die Aus­nahme: Wann Zwang­surlaub aus­nahm­sweise doch zuläs­sig ist

Die Anord­nung von Zwang­surlaub kann nur unter stren­gen Bedin­gun­gen erfol­gen, die in § 7 Abs. 1 BurlG geregelt sind.

Zunächst müssen drin­gende betriebliche Belange vorliegen.

Grund­sät­zlich sind dies Umstände, die in der betrieblichen Organ­i­sa­tion, im tech­nis­chen Arbeitsablauf, der Auf­tragslage oder ähn­lichen Umstän­den ihren Grund haben.

Dahinge­gen nicht aus­re­ichend für die Anord­nung von Zwang­surlaub sind nach all­ge­mein­er Auf­fas­sung ein kurzfristiger Auf­trags­man­gel oder Betrieb­sablauf­störun­gen. Denn das soge­nan­nte Betrieb­srisiko soll nicht vom Arbeit­ge­ber durch ein­seit­ige Urlaub­sanord­nung auf Arbeit­nehmer abgewälzt werden.

Es bleibt fraglich, ob der Arbeit­ge­ber wegen erhe­blich­er Betrieb­sein­schränkun­gen oder sog­ar ein­er Betrieb­ss­chließung in der Coro­na-Krise Betrieb­s­fe­rien anord­nen darf. Denn ohne drin­gen­den betrieblichen Belang führt eine Betrieb­ss­chließung oder ein Zwang­surlaub wegen der Coro­na-Pan­demie zum Annah­mev­erzug des Arbeitgebers.

  • Aber wie kann ich denn nun als Arbeit­ge­ber Betrieb­s­fe­rien und Zwang­surlaub rechtssich­er anordnen?

Betrieb­s­fe­rien dür­fen grund­sät­zlich nur unter Ein­hal­tung ein­er angemesse­nen Ankündi­gungs­frist ange­ord­net wer­den. Bere­its zu Beginn des Kalen­der­jahres soll­ten Arbeit­ge­ber diese kommunizieren.

Auch wenn Gerichte in der aktuellen Krisen­si­t­u­a­tion vielle­icht auch kürzere Fris­ten als „angemessen“ anse­hen, soll­ten Arbeit­ge­ber sin­nvoller­weise auf ein­vernehm­liche Lösun­gen setzen.

Zusät­zlich muss nach der bish­eri­gen Recht­sprechung noch ein wesentlich­er Teil des Jahresurlaubs (z. B. zwei Wochen) für die Arbeit­nehmer frei ver­plan­bar bleiben.

  • Vor­sicht: Betrieb­s­fe­rien sind mitbestimmungspflichtig

 Existiert im Betrieb ein Betrieb­srat so hat dieser gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 5 BetrVG, soweit eine geset­zliche oder tar­i­fliche Regelung nicht beste­ht, ein Mitbes­tim­mungsrecht über die Auf­stel­lung all­ge­mein­er Urlaub­s­grund­sätze und des Urlaub­s­plans sowie die Fest­set­zung der zeitlichen Lage des Urlaubs für den einzel­nen Arbeit­nehmer. Das umfasst eben auch die Frage, ob im Betrieb oder in einzel­nen Abteilun­gen, Betrieb­s­fe­rien durchge­führt wer­den sollen.

Gibt es eine Betrieb­svere­in­barung in welch­er Regelun­gen zum The­ma Betrieb­s­fe­rien enthal­ten sind, so hat dies den großen Vorteil, dass gegenüber den Arbeit­nehmern nicht im Einzelfall drin­gende betriebliche Belange nach § 7 Abs. 1 BUrlG nachgewiesen wer­den müssen. Betriebe mit Betrieb­srat kön­nen daher rechtlich unter deut­lich leichteren Voraus­set­zun­gen als nicht mitbes­timmte Betriebe Betrieb­s­fe­rien anordnen.

  • Wie viel Zwang­surlaub ist erlaubt?

Auch hier: beste­ht eine Betrieb­svere­in­barung so ist der Arbeit­ge­ber in der kom­fort­ablen Sit­u­a­tion, dass alleine diese regelt wie viel Betrieb­surlaub ange­ord­net wer­den darf. Hier gibt es dann also keine geset­zliche Ober­gren­ze für den Betrieb­surlaub.

Bei der Frage, wie viele der Urlaub­stage der Arbeit­ge­ber mit „Zwang­surlaub“ block­ieren darf, gehen die Werte auseinan­der. Im Raum ste­ht nach einem arbeits­gerichtlichen Urteil eine 3/5‑Quote.

Klar ist nach diesem Grund­satzurteil: Es darf immer nur ein Teil des Urlaubs vom Arbeit­ge­ber ver­plant werden.

  • Der Arbeit­nehmer möcht­en seinen Urlaub außer­halb der Betrieb­s­fe­rien nehmen- was nun?

Wenn Unternehmen, wie in manchen Branchen üblich, bere­its Betrieb­s­fe­rien für dieses Jahr fest­gelegt haben, stellt sich die Frage, ob der Arbeit­nehmer seinen Jahresurlaub außer­halb der Betrieb­s­fe­rien nehmen darf. Gibt der Arbeit­ge­ber diesem Wun­sch statt, worauf der Arbeit­nehmer im Regelfall keinen Anspruch hat, ist damit die Beschäf­ti­gungspflicht abbedungen.

Dann hat der Arbeit­nehmer aber auch keinen Anspruch auf Ent­gelt, wenn der Arbeit­ge­ber ihn während der Betrieb­s­fe­rien nicht beschäftigt.

  • Zwang­surlaub und indi­vidu­eller (Rest)Urlaub

Mit den Betrieb­s­fe­rien noch nicht abge­goltener Resturlaub ist auf entsprechen­den Wun­sch des Arbeit­nehmers im Zusam­men­hang mit den Betrieb­s­fe­rien zu gewähren, wenn dem nicht drin­gende betriebliche Belange entgegenstehen.

Beste­ht ander­sherum kein Urlaub­sanspruch mehr für das laufende Jahr so darf der Arbeit­ge­ber nicht für die Durch­führung von Betrieb­s­fe­rien auf einen Urlaub­sanspruch im kom­menden Jahr zugreifen. Der Anspruch ist an das jew­eilige Urlaub­s­jahr gebun­den (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG).

  • Krankheit während der Betriebsferien

Erkrankt ein Arbeit­nehmer während der Betrieb­s­fe­rien, so gilt: Die Arbeit­sun­fähigkeit darf nicht auf den Urlaub angerech­net werden.

Görzel emp­fahl, dies zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – ver­wies.

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Volk­er Görzel
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