(Stuttgart) Die Beteili­gung an „wilden“ Streiks, also ohne gew­erkschaftliche Beteili­gung, kann die frist­lose Kündi­gung eines Arbeitsver­hält­niss­es rechtfertigen.

Darauf ver­weist der Stuttgarter Fachan­walt für Arbeit­srecht Michael Henn, Präsi­dent des VDAA — Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hin­weis auf die Presseerk­lärung des Lan­desar­beits­gericht­es Berlin-Bran­den­burg vom 28.4.2023  zu seinen Urteilen vom 25.04.2023 (16 Sa 868/22, 16 Sa 869/22 und 16 Sa 871/22).

Das Lan­desar­beits­gericht Berlin-Bran­den­burg hat in zwei Ver­fahren entsch­ieden, dass die durch den Liefer­di­enst Goril­las erk­lärten frist­losen Kündi­gun­gen gegenüber als Fahrrad­kuri­eren (sog. Rid­er) beschäftigten Arbeit­nehmern wirk­sam waren. Bei­de Rid­er hat­ten sich im Okto­ber 2021 an einem „wilden“ Streik beteiligt und in diesem Zusam­men­hang frist­lose Kündi­gun­gen erhal­ten. In einem weit­eren Ver­fahren ist die frist­lose Kündi­gung eines Arbeitsver­hält­niss­es nicht bestätigt wor­den, weil die Teil­nahme des Arbeit­nehmers an dem „wilden“ Streik nicht feststand.

Bei dem Liefer­di­enst Goril­las hat­ten sich Anfang Okto­ber 2021 eine Vielzahl von als Rid­er beschäftigten Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmern zu Protesten vor einzel­nen Fil­ialen des Liefer­di­en­stes ver­sam­melt, den Zugang zu den Fil­ialen block­iert und Liefer­fahrräder auf den Kopf gestellt. Der Liefer­di­enst hat­te daraufhin frist­lose Kündi­gun­gen gegenüber Arbeit­nehmerin­nen und Arbeit­nehmern aus­ge­sprochen, die nach sein­er Ein­schätzung an der als „wilder“ Streik beze­ich­neten Aktion beteiligt waren. Drei dieser frist­losen Kündi­gun­gen waren Gegen­stand der jet­zt entsch­iede­nen Verfahren.

Das Lan­desar­beits­gericht hat die Beteili­gung an den „wilden“ Streiks als erhe­bliche arbeit­srechtliche Pflichtver­let­zun­gen bew­ertet und ist dabei davon aus­ge­gan­gen, dass die nicht gew­erkschaftlich organ­isierte Protes­tak­tion nicht als zuläs­sige Ausübung des Streikrechts gemäß Artikel 9 Absatz 3 Satz 1 Grundge­setz zu beurteilen sei, dies auch nicht unter Berück­sich­ti­gung von Teil II Artikel 6 Nr. 4 der Rev­i­dierten Europäis­chen Sozialchar­ta (RESC). In den bei­den Ver­fahren, in denen die Beteili­gung der Rid­er an der Protes­tak­tion fest­stand, wur­den die außeror­dentlichen Kündi­gun­gen als wirk­sam  bestätigt.

In einem weit­eren Ver­fahren kon­nte die aktive Beteili­gung des Arbeit­nehmers an der Protes­tak­tion vom Gericht nicht fest­gestellt wer­den. In diesem Ver­fahren hat die außeror­dentliche Kündi­gung das Arbeitsver­hält­nis nicht been­det, die eben­falls aus­ge­sproch­ene ordentliche Kündi­gung des erst kurz beste­hen­den Arbeitsver­hält­niss­es wurde jedoch bestätigt.

Das Lan­desar­beits­gericht Berlin-Bran­den­burg hat die Revi­sion zum Bun­de­sar­beits­gericht in allen drei Ver­fahren nicht zugelassen.

Henn emp­fahl, die Entschei­dung zu beacht­en und in Zweifels­fällen rechtlichen Rat einzu­holen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA-Ver­band deutsch­er Arbeit­srecht­sAn­wälte e. V. – www.vdaa.de – ver­wies. 

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